Null. Roman.
Adam Fawer, Rowohlt Tb., 2007
Humbug
David Caine ist leidenschaftlicher Pokerspieler, wobei ihm seine Fähigkeit, blitzschnell Wahrscheinlichkeiten ermitteln zu können, meistens zugute kommt. Leider hat David ein nicht unerhebliches Problem: Er ist Epileptiker, und die Krankheit schlägt häufig dann zu, wenn er es am wenigsten brauchen kann. So auch im Lauf eines entscheidenden Spiels, das er deshalb verliert. Plötzlich hat er elftausend Dollar Spielschulden und die Russenmafia am Hals. Um seine Schulden begleichen zu können, nimmt er an einem medizinischen Experiment teil, im Rahmen dessen ein neues Epilepsie-Medikament erprobt werden soll. Was David nicht weiß: Initiator und Betreiber des Experiments ist ein gewissenloser Wissenschaftler, der eigentlich auf der Suche nach etwas ganz anderem ist.
Bis hierhin liest sich "Null" noch ganz brauchbar. Dann aber setzt eine Stereotypen-Parade ein, die ans Lächerliche grenzt. Ein gieriger, leicht unterbelichteter CIA-Bürokrat, ein gewiefter Nerd, eine bildhübsche Doppelagentin, die quasi mit der linken Hand ganze Garnisonen niederzukämpfen in der Lage ist, und, und, und. Während die vermeintlich actiongeladene Handlung immer hanebüchener wird, liefert Fawer in essayähnlichen Abhandlungen, die sogar von seinen eigenen Figuren als "Physikvorlesungen" bezeichnet werden, tolldreiste Erklärungen für das Geschehen und seine Hintergründe. Philosophie und Quantenphysik werden zu einem unverdaulichen Mix verrührt, ohne tatsächlich Hintergründe zu entschlüsseln.
Caine ist dazu in der Lage, die verschiedenen Zukünfte, die sich als Option aus einer Situation ergeben könnten, zu antizipieren, und gezielt jene eigenen Impulse auszuwählen, die in eine bestimmte Zukunft führen. Der Held wird im Buch deshalb immer wieder als "Laplace'scher Dämon" bezeichnet. Der Mathematiker Pierre-Simon Laplace spielte bei diesem Gedankenexperiment mit der Idee, dass jemand, der alle "Details" einer Situation (bis auf die subatomare Ebene) und alle wirksamen physikalischen Kräfte kennen würde, auch die sich daraus zwingend ergebende Zukunft kennen müsste (Determinismus). Das ist technisch natürlich unmöglich und widerspräche nicht zuletzt der Heisenberg'schen Unschärferelation, aber hierfür liefert Fawer eine Unzahl Ersatzerklärungen, die von Seite zu Seite haarsträubender werden und sich nicht selten gegenseitig über den Haufen werfen. Und währenddessen nimmt drumherum eine chaotische Handlung ihren Lauf, die alsbald ärgerliche Qualitäten aufweist, und immer quälender, ermüdender und unglaubwürdiger wird. Daran kann auch die als Rundumschlag angesetzte abschließende "Auflösung" nichts mehr ändern.
Fazit: Unausgegorene Idee, klischeehaft und anspruchslos umgesetzt, mäßig bis überhaupt nicht spannend - und auf die Hintergründe bezogen totaler Humbug.