Die Musik des Zufalls
. Roman.
Paul Auster, Rowohlt-TB 1993

 

Jim Nashe war Feuerwehrmann. Als alles mögliche schiefgeht, Nashe aber zweihunderttausend Dollar erbt, wird aus einem dreiwöchigen Urlaub der totale Ausstieg: Nashe kündigt seinen Job und ist dreizehn Monate lang im Auto unterwegs, kreuz und quer durch die Staaten. Kurz vor dem finanziellen Ende trifft er Jack Prozzi, genannt "Jackpot", einen jungen, schmächtigen Pokerspieler, soeben von einer erregten Spielerrunde zusammengeschlagen, mittellos. Nashe ergreift die Chance, hilft Prozzi auf die Beine und stellt die zehntausend Dollar - Nashes letztes Geld -, die "Jackpot" benötigt, um in einer bizarren Pokerrevanche gegen zwei Lottomillionäre antreten zu können. Das Spiel gegen die scheinbar kindischen Freunde verläuft anders, als erwartet; Nashe und Prozzi verlieren alles und mehr als das, und finden sich schließlich in einem gefangenschaftsähnlichen Arbeitsverhältnis: Sie müssen aus den zehntausend Steinen einer schottischen Schloßruine eine Mauer bauen, auf dem Grundstück der Millionäre. Womit die kuriosen Geschehnisse erst richtig beginnen ..

Auster beherrscht die bewundernswürdige Fähigkeit, situations- und/oder ideengetragene Romane schreiben zu können, um die Idee herum entwickeln zu können, so "klein" sie auch scheinen mag. Dabei entstehen mäßige Werke wie "Mr. Vertigo" oder "Leviathan", aber auch drastische, beeindruckende, wie "Im Land der letzten Dinge" und "Timbuktu". "Die Musik des Zufalls" steckt da irgendwie zwischendrin, vor allem, weil die Idee meines erachtens nicht funktioniert, das Experiment fehlschlägt: Dem Roman fehlt jegliche Motivation, jegliche Begründung des Handlungsbogens, er fußt auf der Reflexion des Protagonisten auf völlig willkürliche - zufällige - Geschehnisse, was ihn zwar höchst nachvollzieh- und verstehbar macht, als Lektüre allerdings etwas unbefriedigend. Es entsteht keine "Musik des Zufalls", sondern allenfalls Tonfolgen, die harmonisch klingen, aber keine Melodie entstehen lassen, und das Ende wäre vergleichbar mit einem Konzert, bei dem die Musiker einfach mittendrin die Bühne verlassen, und nicht einmal den Applaus abwarten.
Nichtsdestotrotz ein interessantes Experiment, und deshalb durchaus lesenswert.

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