Das Wetter vor 15 Jahren. Roman.
Wolf Haas, Hoffmann und Campe (September 2006)

Nix Brenner, aber … dings: Ein tolles Buch.

Ein Schriftsteller namens Wolf Haas wird von "Literaturbeilage" interviewt, fünf Tage nacheinander, und es geht um das neue Buch: "Das Wetter vor 15 Jahren". Darin erzählt der andere, der Spiegel-Haas vom Bochumer Bauingenieur Kowalski, der als Fünfzehnjähriger im österreichischen Urlaubsort seiner großen Liebe begegnete, sie aber verlor, um sie fünfzehn Jahre später wiederzutreffen, im Nachgang eines Auftrittes bei "Wetten, daß", bei dem Kowalski die genauen Wetterdaten jedes Tages der vergangenen fünfzehn Jahre nennen konnte, und zwar für jenen Urlaubsort irgendwo in den Alpen.

Das Originelle ist, daß über jenes Buch nur gesprochen wird, denn wir lesen das Interview. Während "Literaturbeilage" hinter jedem Detail eine Andeutung, ein Mysterium vermutet, kämpft Haas augenzwinkernd gegen jene Bedeutungssucht und die Unbill des Interpretiertwerdens an, wobei sich quasi eine Rekursion auftut, denn letztlich bleibt die Frage unbeantwortet, wodurch etwas Bedeutung erlangt: Durch die Intention oder die Interpretation.

Wolf Haas ist dieses Experiment auf grandiose Weise gelungen; "Das Wetter vor 15 Jahren" ist ein unglaublich amüsantes, spannendes und selbstironisches Buch, das nicht nur nebenbei eine Lanze dafür bricht, etwas entspannter mit Literatur (und -beilagen) umzugehen, zudem eine ergreifende, absichtlich nicht wirklich glaubwürdige Liebesgeschichte (eigentlich: zwei) spinnt und niemals der Versuchung erliegt, den Autor (auch nicht den gespiegelten) zu erheben und die Kritik abzukanzeln. Spaßig, witzig, intelligent, großartig gemacht. Unbedingt lesen! Leider ist es (zu) schnell vorbei.

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