Verschwörung gegen Amerika. Roman.
Philip Roth


Was wäre gewesen, wenn F. D. Roosevelt 1940 nicht abermals zum amerikanischen Präsidenten gewählt worden wäre, sondern stattdessen Charles Lindbergh, der amerikanische Held, Atlantik-Überquerer und bekennende Hitler-Verehrer, als Kandidat der Republikaner? Die Antwort auf diese Frage legt Philip Roth in seinem neuesten Buch vor, einer Utopie über ein faschistisches Nordamerika.

Im weitgehend jüdischen Teil Newarks leben die Roths. Der Vater ist Versicherungsvertreter, Mutter Bess hütet Haus und Kinder, die Jungs Sandy und Philip sind 10 und 7 Jahre alt, außerdem lebt Vetter Alvin im Haushalt. Das Leben ist einfach und übersichtlich, hat seine Rituale und seine kleinen Katastrophen, aus denen große werden, als der charismatische Lindbergh zum Herren des Weißen Hauses bestimmt wird. Alvin zieht für Kanada in den Krieg - und verliert ein Bein. Sandy wird zum Vorzeigejuden für ein obskures Programm, dessen Ziel darin besteht, die jüdischen Amerikaner umzusiedeln und ihre sozialen Strukturen aufzubrechen. Einzig Papa Roth leistet Widerstand gegen die Deportationspläne.
Philip Roth hat sich in seiner sieben Jahre alten Fassung zum Ich-Erzähler gemacht; die Geschichte endet seltsam und verstörend abrupt.

Das Buch bietet einen hohen Wiedererkennungswert; Teile der Kindheitsgeschichten sind ähnlich in einigen Büchern des häufig geehrten Autors, der auch immer wieder für den Literatur-Nobelpreis gehandelt wird, erzählt worden. Leider gelingt ihm das im vorliegenden Roman weniger gut, dessen Aufbau und Konzeption noch einige andere Schwächen aufweist. Vor allem aber enttäuscht das Buch sprachlich; sinnarme Bandwurmsätze und seitenlange Aufzählungen wirken nachgerade zersetzend auf den Erzählfluß, der auch sonst nicht so recht aufkommen will. Anders gesagt: "Verschwörung gegen Amerika" ist streckenweise sterbenslangweilig.

Die Tragödie der Familie soll exemplarisch sein für die Auswüchse des Monstrums Faschismus, aber es liest sich, als hätte Roth beim Schreiben die ganze Zeit mit einem Fuß auf der Bremse gestanden, als wäre das überhaupt nicht das Buch, das er schreiben wollte, als hätte sich die - möglicherweise nicht einmal schlechte - Ausgangsidee gegen den Autor gewendet. Die Bedrohung wirkt häufig sehr diffus, andererseits erscheint vieles vorhersehbar, zu konsequent und auf dramatische Weise undramatisch. Das Schicksal der amerikanischen Juden nimmt sich, so, wie Roth es erzählt, zuweilen beinahe banal aus gegenüber dem Schicksal der europäischen Juden, wohinter natürlich auch eine Absicht steht, aber es geht hier um die Konsequenz. Letztlich zeigt Roth lediglich, daß es möglich gewesen wäre - und immer noch ist, denn der Roman hat durchaus seine aktuellen Bezüge -, aber Ansatz und Setting verweigern sich dem zu sehr, um tatsächlich ein Exempel zu liefern. Größter Kritikpunkt an diesem sehr unbefriedigend endenden Roman ist jedoch sein sprachliches Scheitern, an dem die unglückliche und gelegentlich sehr unglaubwürdige Erzählperspektive ihren Anteil hat. Großes Thema, schwaches Buch.

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