Verdammnis. Roman.
Stieg Larsson, Heyne
, August 2008

verdammnis

Journalist Mikael Blomquist ist rehabilitiert, und Lisbeth Salander hat sich nach erfolgreichem Abschluss der Wennerström-Affaire aus dem ersten Teil "Verblendung" vorläufig vom Acker gemacht.

Ein junger Reporter bietet Blomquists Zeitschrift "Millenium" eine wahrhaftig explosive Enthüllungsstory an, in der es um Mädchenhandel geht. Die Redaktion entscheidet sich dafür, die Story zu veröffentlichen und parallel als Buch zu publizieren, und es steht fest, dass im Anschluss viele prominente Köpfe rollen werden. Doch bevor es zur Veröffentlichung kommt, erschießt ein unerkannter Attentäter den jungen Reporter und seine Frau. Auf der Tatwaffe werden die Fingerabdrücke von Lisbeth Salander gefunden. Kurz darauf entdeckt die Polizei auch die Leiche ihres rechtlichen Betreuers, der offenbar mit derselben Waffe erschossen wurde. Bald darauf jagt ganz Schweden nach der jungen Frau, aber natürlich glaubt Mikael Blomquist nicht an ihre Schuld. "Millenium" ermittelt auf eigene Faust.

Zweite Teile von Trilogien leiden immer darunter, offen zu beginnen und zu enden. Larsson hat sich zwar viele Mühe gegeben, dieses Problem abzumildern, ganz gelungen ist es ihm allerdings nicht.

Kommissar Zufall spielt eine große Rolle in diesem Buch. Dass die angebotene Geschichte etwas mit Lisbeth Salander zu tun hat, ist ein solcher Zufall. Andere gibt es zuhauf. Das stört zwar nicht sehr, in der vorzufindenden Massierung aber doch deutlich. Zudem ist die Figur der nur einen Meter fünfzig großen, hyperintelligenten und kampfsporterprobten "weltbesten" Researcherin, die jedes Computernetzwerk knackt, als wäre es ein mittelalterliches Vorhängeschloss, gnadenlos überzogen und laviert oft an der völligen Unglaubwürdigkeit. Aber auch ansonsten spart Larsson nicht mit Stereotypen. Seine "good guys" sind immer nur gut, clever und altruistisch, und die "bad guys" sind demgegenüber hässlich, genetisch missgebildet und - von wenigen Ausnahmen abgesehen - blöd wie Mülleimerdeckel. Der fragt man sich das eine um das andere Mal, wie es solchen Leuten gelingen konnte, über Jahrzehnte unentdeckte Geheimorganisationen aufzubauen. Auch einige logische Klippen umschifft Larsson nicht, und die Frage, wie der gemordete Reporter all diese Informationen finden konnte, bleibt bis zum Ende ungeklärt.

Nichtsdestotrotz entwickelt der Roman nach einem etwas zähen und unglaubwürdigen Anfang, der Lisbeth Salander als Heldin hochstilisiert, durchaus Spannung und Atmosphäre. Larsson schreibt dicht und detailgenau, arbeitet wohldosiert mit den üblichen Krimielementen, ohne sie allerdings so originell und überraschend wie im ersten Teil zu variieren. "Verdammnis" ist solide erzählt, fällt aber dramaturgisch deutlich schwächer aus als der erste Teil. Bleibt zu hoffen, dass der Abschluss der Trilogie etwas weniger Zufälle und etwas mehr an nachvollziehbarer, logischer Entwicklung bietet.

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