Verblendung.
Roman.
Stieg Larsson, Heyne, März 2008




Mikael Blomquist, Wirtschaftsjournalist und Herausgeber des aufmüpfigen Magazins "Millenium", ist selbst in die Schlagzeilen geraten, weil sich die Story, die er über einen vermeintlich zwielichtigen Unternehmer veröffentlicht hat, als inhaltlich falsch herausgestellt hat. Blomquist, den seine Kritiker gerne - wen wundert's? - "Kalle Blomquist" nennen, wird zu einer kurzen Haftstrafe verurteilt und muss die Tätigkeit für das eigene Magazin einstellen. Kurz darauf bietet ihm der zweiundachtzig Jahre alte Großindustrielle Henrik Vanger einen Job an - Blomquist soll möglichst diskret das Verschwinden seiner Lieblingsnichte Harriet untersuchen, sechsunddreißig Jahre nach dem Geschehen. Als vermeintlicher Biograph Vangers zieht Blomquist auf dessen Herrensitz und macht sich an die Arbeit, obwohl er nicht daran glaubt, neue Spuren im längst vergessenen Fall finden zu können. Der Journalist lernt die seltsame, teilweise zerstrittene Familie des Konzerninhabers kennen, und die Machtkämpfe um das Firmenimperium, das seinerseits bedroht ist. Und tatsächlich kommt ihm nach und nach der Verdacht, dass hinter dem Fall mehr steckt, als sich zunächst anzudeuten schien. Als die eigenwillige und eigenbrötlerische Privatermittlerin Lisbeth Salander auf den Plan tritt, eröffnet sich die Chance, den Geheimnis näherzukommen. Doch irgendwer aus Vangers Familie sabotiert die Untersuchungen.
Der Roman beginnt gemächlich und baut seine Figuren sorgsam auf, aber das Buch ist auch kein "Thriller", wie der Verlag weiszumachen versucht, sondern ein solider, etwa ab der Mitte auch sehr spannender, ziemlich intelligent gemachter Kriminalroman in bester Mankell-Tradition. Larsson beleuchtet die Strukturen der schwedischen Wirtschaft, die sich vermutlich ziemlich problemlos auf das gesamte Europa adaptieren lassen, und konstruiert eine pfiffige, reichlich verstrickte Handlungsstruktur, die dann allerdings zu einem etwas überzogenen Ende führt. Der Autor heroisiert seine Figuren (und die Firma Apple, dies nur am Rande), malt hier und da etwas zu plakativ schwarz-weiß, und bei manch einer Entwicklung nötigt er dem Leser ziemlich viel guten Willen ab. Aber das ändert nichts daran, dass "Verblendung" ein fesselnd geschriebener, sehr gut aufgebauter Roman ist, der große Lust auf die beiden Fortsetzungen macht.
Der schwedische Autor Stieg Larsson ist im Jahr 2004 gestorben, die Krimi-Trilogie um das Pärchen Blomquist/Salander, die mit "Verblendung" beginnt, stellt quasi sein Vermächtnis dar.

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