Das Vaterspiel. Roman.
Josef Haslinger, Fischer 2000
Zeitgenössische Romane aus Österreich haben anscheinend nur zwei Themen: Die Kritik des vetternwirtschaftlichen Systems in unserem Nachbarland - oder die Aufbereitung der Nazizeit. "Das Vaterspiel" verbindet beide Themen miteinander.
Helmut Kramer, genannt "Ratz", weil sein Gesicht demjenigen einer Ratte ähnelt, ist der Sohn eines österreichischen Sozialdemokraten, der es nach revolutionär-anarchistischer Jugend bis zum Verkehrsminister bringt. Vater Kramer, dessen Vorname auch Helmut lautet (weshalb sich der Filius später Rupert nennen läßt), wird zur Manifestation des Sprichwortes "links reden, rechts leben", sammelt Aufsichtsratsposten, wie andere Briefmarken, baut eine imposante Villa für die kleine Familie. Irgendwann, als Rupert-Helmut bereits studiert und Vater Verkehrsminister mehr als ein Dutzend Dienstjahre auf dem Buckel hat, zerbricht die Familie. Der Vater zieht zur Geliebten, die Mama zieht's zum Alkohol, der Verkehrsminister-Posten geht über den Jordan, weil die jugoslawische Haushälterin jahrelang schwarz beschäftigt wurde. "Ratz" Rupert entwickelt einen so mordsmäßigen Haß auf den eigenen Vater, daß er ein Computerspiel entwirft, das "Vatervernichtungsspiel". Das hält ihn allerdings nicht davon ab, bis in die eigenen Dreißiger auf Kosten desselben zu leben. Wie der Haß sich genau speist, wird bis zum Ende des Buches nicht greifbar.
In einer Parallelhandlung berichtet der - ansonsten schwammig und lustlos konstruierte, sehr unpersönlich wirkende, sprachlich oft unfreiwillig komische Roman um eine extrem unsympathische Figur - vom Schicksal eines gewissen Jonas Shtrom, Jude im Litauen der vierziger Jahre. Diese Parallelhandlung ist gestochen scharf und in einer schnörkellosen, angemessenen Diktion formuliert, erschreckend und packend. Am Ende begegnet der "Ratz" einem der vermeintlichen Peiniger des Parallelhandlungs-Helden.
Sinn und Bedeutung der eigentlich schrecklich uninteressanten Familiengeschichte der Kramers, der Schlußbegegnung und ihrer Implikationen haben sich mir nicht in aller Tiefe offenbart. Das Buch ist langweilig und größtenteils unangenehm schlecht
geschrieben, besitzt aber vor allem ingesamt keine Richtung oder Botschaft, wirkt wie häufig nachgebessert, gar aus mehreren Stoffen zusammengeflickt. Vom Autor des hochgelobten und verfilmten "Opernball" hätte ich mehr erwartet.