Wie die Tiere.
Roman.
Wolf Haas, Rowohlt 2001

 

Fanveranstaltung.

Detektiv Simon Brenner, dessen Vorname in diesem vierten Kriminalroman umden zotteligen Protagonisten nicht erwähnt wird, trägt sich mit demGedanken, in Frühpension zu gehen. Weil das in Wien einfacher ist, als im heimatlichen Puntigam, nimmt er einen Auftrag in der Hauptstadt an: Ein Puffbesitzer will herausbekommen, wer im Stadtpark "Augarten" mit Stecknadeln gespickte Hundekekse ausstreut, an denen die Kläffer - hauptsächlich Kampfhunde - jämmerlich verrecken. Brenner teilt sich eine Wohnung mit der polnischen Hure Magdalena - und schnüffelt: Im Augarten, bei den Tierfreunden, der Mütterlobby, einer leicht durchgeknallten Hundepensionsbetreiberin undsoweiter.

Haas betreibt Verb-Deflation und Adjektiv-Inflation: Genau so sollte man eigentlich nicht schreiben, in abgehackten, prädikatfreien Sätzen, den Leser direkt ansprechen, mit Füllworten um sich werfen, Sätze wie "Aber interessant." ständig wiederholen. Genau das allerdings hat den Reiz der ersten Brenner-Romane ausgemacht, die eigenwillige Sprache, das Ruppige, sich wie ein sehr persönliches Zwiegespräch anfühlende, die originelle Diktion, das Kreisen um die Gedanken des Protagonisten, wobei man sich nie sicher sein konnte, ob man ihm jetzt einen Schritt voraus oder einen hinter ihm her ist.

Allerdings bedarf auch das einer irgendwie interessanten Story, und nicht nur da kackt "Wie die Tiere" mächtig ab, wirkt lustlos, konstruiert, sogar populistisch, und das schleift leider auch den unkonventionellen Protagonisten, der sich dadurch als farbloser Üblich-Verdächtiger in die Gruppe der ruppigen, unkonventionellen, underdogmäßigen Detektivfiguren einreiht, angefangen bei Marlowe und endend bei Schimanski. Das Buch wirkt wie ein Selbstplagiat, schlimmer noch, als hätte jemand anderes versucht, Haas nachzuahmen, die Elemente sauber aussortiert und neu komponiert, und mit überzogener Nachmachpräzision eine saubere Kopie geschaffen, der dadurch eben das Schmutzige abgeht, jenes Schmutzige, das die Persönlichkeit der ersten drei Brenner-Romane definiert hat - jegliche Überraschung fehlt völlig.

Und das fühlt sich im Ergebnis an wie das Konzert einer Band, von der man lange nichts mehr gehört hat und deren Fan man früher mal war, das man besucht, weil man Freikarten gewonnen hat: Danach sagt man sich, daß es besser gewesen wäre, nicht hinzugehen, weil die fade Veranstaltung sämtliche guten Erinnerungen zunichte gemacht hat.


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