Supergute Tage. Roman.
Mark Haddon, Bertelsmann, München (Juli 2006)


Der fünfzehnjährige Christopher leidet am Asperger-Syndrom, er ist Autist. Christopher verfügt über extrem gute visuelle Wahrnehmungsmöglichkeiten, ein fotographisches Gedächtnis und hohe mathematische Fähigkeiten - er kann die Primzahlen bis 8000 auswendig, und wenn er Probleme hat, löst er zur Entspannung quadratische Gleichungen im Kopf. Er scheitert daran, Mimik zu interpretieren, sich in fremden Umfeldern zu bewegen oder mit Menschen direkten Kontakt aufzunehmen. Seine Emotionalität ist eingeschränkt, er haßt die Farben gelb und braun. Um zurechtzukommen, skizziert er seine Umgebung, hält rote Lebensmittelfarbe bereit, um sein Lieblingscurry essen zu können. Obwohl Christopher auf eine Sonderschule geht, wird er bald das Mathematik-Abitur machen. Darauf freut er sich sehr.
Und dann findet er den Hund der Nachbarin, tot, mit einer Heugabel erstochen. Christopher mag Hunde, und er beschließt, das Rätsel zu lösen, wie Sherlock Holmes das getan hätte, den er sehr verehrt. Unter Anleitung seiner Lehrerin Shioban beginnt er, ein Buch über diese detektivischen Ermittlungen zu schreiben, und um seine Welt zu verdeutlichen, durchsetzt er es mit mathematischen Denkspielen, zuweilen aber auch philosophierenden Abschnitten, die durchaus verblüffen.

Dieses Buch lesen wir. Christopher entdeckt, daß es zwischen der Nachbarin und seinem Vater Verbindungen gibt, die über Freundschaft hinausgehen, und als er herausfindet, wer der Mörder des Hundes war und daß die totgeglaubte Mutter doch noch lebt, tritt er eine Odyssee an: Er versucht, ganz alleine nach London zu fahren.

Haddon gelingt es auf eindrucksvolle Weise, eine glaubhafte Sprache und Bilderwelt eines fünfzehnjährigen Autisten zu zeichen; das Buch vermittelt Authentizität, wenn es sie in diesem Zusammenhang überhaupt geben kann. Es liest sich zudem flüssig und spannend, und es baut Nähe zur Figur auf, ohne je weinerlich zu werden. Interessante, lehrreiche Lektüre, nicht nur für Menschen, die von Berufs wegen oder aus familiären Gründen mit dem Thema konfrontiert sind. Ein schönes Buch über besondere Menschen.

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