Die Sphären. Roman.
Iain Banks, Heyne, November 2008


sphären

Vor Deziäonen hat eine Spezies, die längst ausgestorben ist, die titelgebenden "Sphären" gebaut, mächtige Schalenwelten, die aus einem Dutzend Ebenen bestehen, jeweils im Abstand von mehr als tausend Kilometern. Irgendwann haben dann andere Spezies diese Schalenwelten bevölkert, oder die Bewohner anderer Welten sind (zwangs-)umgesiedelt worden. Zum Beispiel das humanoide Völkchen, dass auf "Sursamen", einer dieser Schalenwelten, auf Ebene acht lebt und einen energischen Krieg gegen die Bewohner von Ebene neun führt - erfolgreich. Kurz vor dem Sieg verstirbt der König Hausk, gemeuchelt von der Hand seines vermeintlich besten Freundes, und Erbprinz Ferbin, Zeuge der Tat, muss fliehen, um nicht seinerseits gemordet zu werden. Er tritt die Reise an die Oberfläche der Schalenwelt an, mit dem Ziel, mit der "Kultur" Kontakt aufzunehmen, auf dass sie eingreife und Gerechtigkeit herstelle. Aber da sind noch die "Oct", eine höhere, wasseratmende und käferartige Spezies, die quasi betreuend auf der Schalenwelt tätig ist, aber noch nicht zu den "Optimae" gehört, den höheren Mitgliedswesen der Kultur. Die Oct haben offenbar ganz eigene Pläne, weshalb sie auch - entgegen den Maßgaben der Kultur - steuernd in das Kriegsgeschehen eingreifen.

Eigentlich ist das, was Banks da treibt, Science Fiction in Vollendung, denn er präsentiert seine Welt, als wäre sie selbstverständlich. Der Autor hält sich nicht großartig mit Erklärungen auf und brennt stattdessen ein Feuerwerk von fantastischen Ideen ab, präsentiert originelle Spezies, wilde Namensgebungen und hinreißende technische Entwicklungen. Seitenweise liest man Dialoge und Beschreibungen, denen man allerdings nur schwer folgen kann, weil einfach nicht zu verstehen ist, worum zur Hölle es geht. Da gibt es unaussprechliche Namen, die über mehrere Zeilen gehen, oder Personentitel, die irgendwie wichtig zu sein scheinen, sich aber jeder Verstehbarkeit entziehen - was Banks nicht daran hindert, sie mehrfach zu wiederholen.

Thema des Romans, in dem es keinesfalls um "die Sphären", sondern höchstens um eine einzige (und die auch nur teilweise) geht, ist die Entwicklung von Völkern - und das, was bei "Star Trek" "oberste Direktive" hieß: Jeder Spezies soll halbwegs die Chance eingeräumt bleiben, ihre eigenen Fehler selbst zu machen, auch wenn am Ende dieser Entwicklung so gut wie immer die "Kultur" steht (oder alternativ die eigene Vernichtung). Das frühindustrielle Völkchen, das die Hauptrolle spielt, darf also Krieg führen, brandschatzen und morden, so lange sichergestellt ist, dass ein paar Individuen überleben, um die Artenvielfalt zu gewährleisten. Tatsächlich dient dies sogar der einen oder anderen Kultur-Spezies als Unterhaltung.

"Die Sphären" ist sehr vielschichtig angelegt und bietet den bekannt hohen Banks-Standard: Die Ideen sind ambitioniert und clever, die Fantasie scheint grenzenlos, vieles ist verblüffend und nicht selten spektakulär. Im Kern aber fehlt diesem Mischmasch aus Mittelalter-Kriegsepos und interstellarem Intrigenspiel die Spannung, es liest sich nicht selten sehr zäh, wobei einige Episoden kaum mehr als Lückenfüller zu sein scheinen. Das Ende kommt sehr lahm daher, und die verschiedenen Handlungsstränge werden nur mühevoll zusammengeführt. Und nicht selten wünscht man sich, dass entscheidende technische Aspekte wenigstens ansatzweise erklärt würden.

Fazit: Ein mittelmäßig guter, streckenweise ziemlich aufgeblähter "Kultur"-Roman, der auch ohne Vorkenntnisse nicht schlechter zu verstehen ist als mit - und etwas enttäuschend endet.

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