Sperling.
Roman.
Mary Doria Russell, Heyne 1999

 

Im Jahr 2060 kehrt der Jesuitenpater Emilio Sanchez als einziger Überlebender von einer Mission zurück, die ihn und eine Handvoll anderer, größtenteils ebenfalls Jesuiten, nach "Rakhat" geführt hat, 40 Jahre, nachdem der Astronom Jimmy Quinn Gesänge aufgezeichnet hat, die per Funk von dem Planeten im System Alpha Centauri gesendet worden waren. Sanchez ist schwer verstümmelt, aufgezehrt, verstört.

Was sich wie eine von vielen "Wir entdecken andere Welten"-Geschichten anhört, beleuchtet die Thematik nicht nur aus einem überaus eigenständigen, kaum mehr als "originell" zu bezeichnenden Standpunkt, nein, diese Erzählung ist auch deutlich vielschichtiger als durch das Standardmaß des Genres vorgegeben wird. Erzählt wird einerseits von der "Vernehmung" Sanchez' durch Jesuiten, die verschiedene hierarchische und theoretische Standpunkte im Orden einnehmen, und die Story ist durchwirkt, geprägt von Fragen des Glaubens, der Ethik, der Evolution und der persönlichen Positionierung innerhalb all dessen. Parallel erleben
wir das Zusammentreffen der kleinen Expeditionsgruppe mit den "Runa", einem freundlichen, überaus sozialen, vegetarisch lebenden Volk, und ihre ersten Monate auf dem wundervollen Planeten. Erst nach und nach wird deutlich, daß hier eine komplexe soziale Struktur herrscht, die sich den Reisenden zu spät in ihrer gesamten, vernichtenden Grausamkeit offenbart. Das Zusammentreffen mit Vertretern der zahlenmäßig geringeren Herrscherklasse Ja'an, deren Verhältnis zu den Runa und die katastrophalen Entwicklungen, die sich trotz aller Behutsamkeit der Expedition alleine aus ihrer Anwesenheit ergeben, sind Kern der Geschichte - und noch einiges mehr. In einer Parallelbetrachtung vergleicht Russell unprätentios und subtil mit der evolutionären Hierarchie, die sich auf der Erde entwickelt hat.

Der Roman hat den "Arthur C. Clarke-Award" gewonnen, und was immer dieser Preis wert ist - das Buch hat ihn verdient. In einer
unspektakulären, aber sehr angemessenen Erzählweise überläßt Russell alleine ihren sauber gezeichneten Figuren die Wertung des
Geschehens, führt in einer anfangs etwas zähen, später aber umso fesselnderen Erzählweise zu einem drastischen, rschreckenden
Ende. Hochklassige Science Fiction nicht nur für Fans, und ein wunderbares Buch über Fragen des Glaubens und der kosmischen
Struktur.

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