Die Schopenhauer-Kur. Roman.
Irvin D. Yalom


Yaloms dritter Roman konfrontiert einen Psychiater mit dem nahenden Krebstod. Nach der Entdeckung eines Melanoms wird Julius nur noch ein Jahr weitgehend normal leben können. Der Analytiker zieht Bilanz, und im Rahmen dessen wendet er sich jenen Fällen zu, bei denen keine oder nur unzureichende Therapieergebnisse erzielt werden konnten. Er stößt auf Akte von Philip Slate, dem kühlen, sexbesessenen Denker. Der wiederaufgenommene Kontakt fördert Erstaunliches zutage: Philip hat sich offenbar selbst von der Sucht befreit, mehr noch: Er will Therapeut werden. Julius und Philip schließen einen Kontrakt. Philip wird sich ein halbes Jahr lang an Julius' Gruppentherapie beteiligen, und Julius wird ihn im Gegenzug supervisieren, so daß Philip seine "philosophische Therapie" an Patienten erproben kann. Denn der ehemals sexsüchtige hat eine besondere Lösung für seine Probleme gefunden: Die Gedankenwelt des überaus misanthropen Philosophen Arthur Schopenhauer.

Der Roman erzählt in der Hauptsache von jenen Gruppentherapiesitzungen, von der Entwicklung ihrer Teilnehmer, zuvorderst natürlich Philip, der nach und nach entdeckt, daß Sozialverhalten eine nicht unerhebliche Komponente des Daseins ist, aber auch von Pam, die zufälligerweise eines seiner früheren "Opfer" war. Aber Julius' Tod ist unausweichlich, wie auch das Ende der Gruppensitzungen. In einem weiteren Strang berichtet Yalom aus dem Leben Schopenhauers, eine Art "Schopenhauer für Eilige".

Yalom muß man immer, das ist unvermeidbar, an seinem wunderbaren Erstling "Und Nietzsche weinte" messen, und wenn man diesen Maßstab anlegt, fällt "Die Schopenhauer-Kur" ziemlich hinten runter. Neben unglücklichen Perspektivwechseln und weitgehend vorhersehbarer Handlung zerfasern die biographischen - und oft überflüssig erscheinenden - Einschübe aus dem Leben Schopenhauers, die auch noch mit vielen Erklärungen durchsetzt sind, das Buch redlich, aber vor allem ist es schrecklich langweilig. Für diesbezüglich interessierte bieten die akribisch erzählten Therapiesitzungen durchaus bemerkenswerte Einblicke. Insgesamt aber ist "Die Schopenhauer-Kur" unspannend, gequält akademisch und sehr fad im Abgang.

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Übersicht: Tom Liehr

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