Quarantäne.
Roman.
Robert Charles Wilson, Heyne, September 2007

In nicht allzu ferner Zukunft: Irgendwo am Rand des Sonnensystems sind gewaltige Teleskope installiert, die erstmals einen Blick auf extrem weit entfernte Objekte erlauben. Als diese Teleskope nach und nach zu versagen drohen, werden experimentelle Quantencomputer in Betrieb genommen, um die noch auswertbaren Daten zu interpretieren und aus all dem Signalrauschen Bilder zu generieren. Verblüffenderweise leisten die sich selbst programmierenden und kaum verstehbaren Maschinen weit mehr. Sie zeigen das Leben auf zwei 50 Lichtjahre entfernten Planeten. Und zwar nicht einfach in einem Draufblick, sondern aus einer Perspektive, als wäre ein Kameramann live vor Ort.
Im Forschungszentrum "Blind Lake" irgendwo im Mittelwesten der Staaten befindet sich eines der beiden "Augen", die solche Bilder liefern. Eine riesige Crew von Wissenschaftlern beobachtet den Alltag von "Subjekt", einer nur entfernt menschenähnlichen Kreatur, die vom Volksmund wegen seiner Hautbeschaffenheit "Hummer" genannt wird, und der Ort, in dem das Subjekt arbeitet und lebt, folgerichtig "Hummerhausen". Ganze Abteilungen interpretieren Sozialverhalten, Arbeitswelt, Nahrungsaufnahme, Gestik und Mimik des stillen Objekts der Beobachtung. Sie bemühen sich angestrengt darum, die neue Welt kontextfrei zu sehen und das Leben auf dieser anderen Welt vorurteilsfrei einzuordnen. Es nicht als Geschichte zu sehen, die mit der eigenen zu tun hat.
Drei Journalisten besuchen die Einrichtung, und kaum als sie angekommen sind, schließen sich die Tore - es gibt keinen Weg mehr hinaus, keine Informationsflüsse, keine Idee, warum die riesige Forschungsstätte in Quarantäne genommen wird. Zwar liefern unbemannte Panzerfahrzeuge regelmäßig die Dinge des täglichen Bedarfs, aber die vielen hundert Eingeschlossenen wissen nicht, worin das Problem besteht. Man versucht, den Alltag aufrechtzuerhalten, und die Forscher forschen weiter. Da beginnt das Subjekt plötzlich, sein Verhalten grundlegend zu ändern ...
"Quarantäne" ist ein vielschichtiger und mit interessanten, gut konturierten Figuren besetzter Roman, der wirklich solide geschrieben, intelligent und sehr, sehr spannend ist. Er wirft viele Fragen auf, die meistens ziemlich clever beantwortet werden. Das Buch ist zugleich eine Liebegeschichte, manchmal ein Kriminalroman, in der Hauptsache aber eine überaus pfiffige, philosophische und technisch interessante SF-Geschichte über nicht weniger als die Kernfragen des Seins. Sehr empfehlenswert.

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