Plattform. Roman.
Michel Houellebecq, DuMont2002

 

Die sprach- und inhaltlich armselige, sterbenslangweilige Geschichte des 40-jährigen Michel, eines unterdurchschnittlichen, apathischen Beamtentypen aus der französischen Mittelschicht. Michel ist ein Asozialer, zeigt keine Regung, keine Beteiligung, keine Emotionen, interessiert sich für nichts, außer für ficken, ficken, ficken - egal, was, wen, wie und wo. Hier gleicht die Figur ihrem Namensvetter aus "Elementarteilchen", aber damit hat es sich auch schon.

Während einer Thailand-Rundreise, deren vermeintlich bildenden Anteil Michel abhakt, um sich voller Elan auf die Massagesalons und Clubs stürzen zu können, lernt er die quirlige, passabel aussehende, 28-jährige Valerie kennen, die sich aus kaum nachvollziehbaren Gründen in Michel verliebt, anschließend gar mit ihm zusammenzieht, vor allem, um pausenlos seine
Männerphantasien erfüllen zu dürfen, voller Freude und Hingabe. Valerie ist leitende Angestellte in einem Touristikkonzern, und dort mit der Aufgabe betraut, die angeschlagenen Urlaubsclubs zu neuen Erfolgen zu führen. Sie folgt Michels Vorschlag, dem Sextourismus einen offiziellen Rahmen zu verleihen und gründet die "Aphrodite Clubs"; das Konzept wird zum Knaller - die einzige für den Leser glaubhafte Entwicklung des Romans -, jedenfalls zunächst, bis angepißte Muslime einen Anschlag verüben, bei dem unter anderem Valerie stirbt. Michel zieht sich - noch apathischer, denn zuvor - nach Thailand zurück und schreibt dieses Buch, quasi als Abschiedsbrief.

"Plattform" bietet kein neues Paradigma, hinterfragt nicht und bricht auch nicht mit Tabus, nicht *wirklich*, denn in dieser
Vordergründigkeit kann davon keine Rede sein; es berichtet leidenschaftslos und in spartanischer Sprache vom Leben und den - paradoxerweise wahr werdenden - Phantasien eines mediokren Franzosen, dessen Mittelmäßigkeit glücklicherweise so überzogen ist, daß er als Kunstfigur gerade noch durchgeht. Als überaus uninteressante allerdings. Das Buch provoziert nicht, dafür ist es zu lapidar, zu sehr in der Diktion eines Kneipengeschwätzes zwischen fettleibigen, bierseligen Vertretertypen gehalten, und eben - und das ist ausschlaggebend - auch argumentativ auf dieser Ebene angesiedelt. Da es an Sympathieträgern, Humor, interessanten Fakten oder nachvollziehbaren Handlungssträngen vollständig fehlt, bleibt damit praktisch nichts übrig.

Es gibt eine bemerkenswerte Stelle in dem Buch: Michel liegt am Strand, buddelt ein Loch, um zwei amerikanische Reißer zu
beerdigen, unter anderem Grishams "Die Firma". Er hätte das Manuskript zu "Plattform" gleich dazulegen sollen. Das
"Phänomen Houellebecq" sollte sich mit dieser Tragödie erledigt haben. "Reden Sie nicht darüber, lesen Sie es" empfahl ein
Aufkleber, der die Verpackung zierte. Nein, tun Sie nichts von beidem. Es *kann* nur Wut und Ärger verursachen, allerdings nicht aufgrund der Thematik und ihrer Aufbereitung, sondern darüber, vierundzwanzig Euro für so eine Scheiße ausgegeben zu haben. Investieren Sie das Geld in ein paar Biere und hören Sie in der Eckkneipe den Tischnachbarn zu. Das ist geselliger, und man wird wenigstens besoffen. Inhaltlich bleibt es sich gleich.


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