Metro 2033. Roman.
Dmitry Glukhovsky, Heyne 2008


Trotzdem interessant und lesenswert

Im Jahr 2033 gibt es auf der Erde kein menschliches Leben mehr, weil Atomschläge Jahre, gar Jahrzehnte zuvor alles vernichtet haben. Doch in den Katakomben und Tunneln unterhalb von Moskau, im gewaltigen, tief gelegenen Areal der ehemaligen U-Bahn existieren noch Menschen. Einzelne Stationen oder ganze Linien bilden etwas wie Nationen, die Währung besteht aus Gewehrmunition, die Menschen essen Pilze und mit Pilzen gemästete, blinde Schweine.

In einer dieser Stationen, der "WDNCh" (benannt nach dem Kürzel für die "Ausstellung der Errungenschaften der Volkswirtschaft der UdSSR"), lebt der junge Artjom. Seine Erinnerungen an die Welt oben sind spärlich. Die WDNCh ist eine der äußeren Stationen, die noch von Menschen bevölkert werden, und ihre Bewohner müssen den Tunnel regelmäßig gegen Angriffe der "Schwarzen" verteidigen, wobei es sich offenbar um Mutanten handelt, schwarzhäutige Menschen, die trotz der Strahlung oberirdisch leben können - und nun vermeintlich die Metro-Völker angreifen.
Artjom begegnet "Hunter", einem so genannten "Stalker", das sind Leute, die in Schutzanzügen und schwer bewaffnet regelmäßig an die Oberfläche gehen, um Nachschub zu besorgen. Hunter befindet sich auf einer Expedition und bittet Artjom, in eine andere, weit entfernte Station mit einer Nachricht zu reisen, sollte er, also Hunter, nicht in Tagesfrist von der Expedition zurückkehren.
Und das geschieht dann auch. Artjom wandert erstmals in seinem Leben durch das komplexe Netz der Moskauer Metro, erlebt viele Gefahren, begegnet den seltsamen "Völkern" und Bündnissen, die sich inzwischen etabliert haben (es gibt Neo-Kommunisten, bibeltreue Frömmler, ein "Viertes Reich" und vieles mehr), und steht nicht selten kurz vor dem Aus.

An diesem Roman sind zwei, nein, eigentlich drei Dinge bemerkenswert. Erstens wird ein eigentlich spannendes und originelles Setting fast zu Tode palavert. Das mag der russischen Erzähltradition geschuldet sein, aber hier nimmt es einfach überhand. Die Abläufe in den einzelnen Stationen ähneln sich, für die Handlung ist vieles bedeutungslos, und keine Gefahr, in der sich Artjom befindet, wird je wirklich greifbar, also vom Leser als gefährlich empfunden. Was anfangs noch spannend und interessant daherkommt, entwickelt sich alsbald zu nahezu belanglosem Füllmaterial; es gibt einfach zu viele Geschichten in der Geschichte. Die Entwicklungen in den diversen Bereichen der Metro werden zur Aufzählung.
Zweitens kommt die Story fast vollständig ohne weibliches Personal aus. Glukhovskys Dystopie ist eine patriarchalische, Frauen spielen lediglich Nebenrollen, und auch nur sehr wenige. Jedenfalls wird keine der "Metro-Welten" von Frauen beherrscht, und wenn ich mich recht erinnere, gibt es tatsächlich nur eine Stelle im Roman, an der eine Frau etwas sagt.
Und drittens ist "Metro 2033" bei allen Schwächen trotzdem interessant und lesenswert. Das liegt daran, dass Glukhovskys Entwurf fast bis ins Detail realistisch anmutet - die Idee ist einfach gut. Der Roman hat zwar hier und da logische Schwächen, doch das Bild von der Restzivilisation, die in lichtlosen Tunnels und auf schwach beleuchteten U-Bahn-Stationen dahinvegetiert, sich und ihre Werte aber dennoch aufrechtzuerhalten versucht, wirkt beklemmend und absolut vorstellbar. Zumal die Moskauer Metro ja tatsächlich als atombombensichere Bunkeranlage konzipiert ist.

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