Geständnis einer Maske.
Roman.
Yukio Mishima, Rowohlt 1985



Mit fünfundzwanzig Jahren schrieb der 1924 geborene und 1970 durch öffentlich angekündigtes Harakiri verstorbene japanische Autor diesen autobiographischen Roman. Bereits in diesem frühen Buch nimmt seine Todessehnsucht, die Ziel- und Sinnlosigkeit des Daseins innerhalb einer Sozialstruktur wie derjenigen Japans großen Raum ein.

Mishima erzählt von der Kindheit und Jugend eines Helden, der schwächlich ist und häufig kränkelt, von der Großmutter aufgezogen wird, und nach und nach das Wesen der menschlichen Interaktion zu durchdringen versucht - auf ganz eigene Art und Weise. Er hat seltsame Träume und Phantasien, in denen viel Blut und nackte Männer eine Rolle spielen. Seine erste Erektion bekommt er, als er ein Gemälde sieht, das den Heiligen St. Sebastian darstellt, gekleidet nur mit einem Tuch um die Hüfte, durchbohrt von Pfeilen. Fortan onaniert er mit solchen und ähnlichen Bildern im Kopf. Unser Protagonist ist homosexuell, aber er begreift es nicht, will es nicht begreifen, weil ihm die nötigen Vergleiche, Informationen, gesellschaftlichen Parameter nicht zugänglich sind. Stattdessen versucht er, die Konventionen und Umgangsformen seiner Umwelt nachzuahmen, sogar zu verinnerlichen: Er kreiert seine Maske, das Außenwesen, während in ihm ein Konflikt schwelt, dem er nicht Herr wird. Das Problem gipfelt in der "Liebe" zur zarten Sokomo, eine Liebe, die er sich nur einredet, während seine Begierden in einer ganz anderen Liga spielen.

Das Buch ist trotz seiner Kürze etwas zäh und langatmig, aber detailreich und stark auf Reflexion angelegt, was aufgrund der stark bevormundenden Erzählweise zu einer nicht angemessenen Würdigung von Thematik und Geschichte führt. Legt man jedoch Sozial-, Kultur- und Weltgeschichte des Entstehungszeitraums zugrunde, verändert sich der Leseeindruck. Es entsteht ein mutiges, ehrliches und lehrreiches, allerdings nur mäßig gut erzähltes Dokument von großer emotionaler Tiefe, das einen Eindruck davon vermittelt, wie es in einem jungen Menschen aussieht, der seine Andersartigkeit entdeckt, sie aber um jeden Preis verheimlichen muß. Auch vor sich selbst.


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