Manneswehen. Roman.
Bruno Preisendörfer, Eichborn 2009


Manneswehen

Steril sterilisiert

Ich bin ein erklärter Fan von "Die letzte Zigarette", Preisendörfers vorigem Roman, und deshalb hochmotiviert an die Lektüre dieses Buches gegangen. Nach der Beendigung bin ich allerdings in der Hauptsache ratlos.

Max ist fast vierzig, Sanitärfachmann und Verkäufer von Einbaubädern, die vor allem in Altenheimen Anwendung finden. Seine jüngere Lebenspartnerin Helen praktiziert als Gynäkologin. Die beiden möchten keine Kinder bekommen, und da sich alle anderen Verhütungsmethoden als zu beschwerlich oder lustfeindlich erwiesen haben, entschließt sich Max zur Vasektomie, also zur Samenleiterdurchtrennung, gemeinhin auch als "Sterilisation" bekannt. Der vergleichsweise kurze Roman erzählt vom Danach; aber auch die Vorgeschichte wird in Rückblenden gereicht, während Max in einer Art Kinderschaukel sitzt, die an der Zimmerdecke hängt, um die traktierten Hoden zu schonen, weil er gleich nach der OP seine Manneskraft beweisen wollte, was zu schmerzhaften Komplikationen geführt hatte.

"Manneswehen" ist eigentlich eine lange Kurzgeschichte, die sich verblüffend intensiv auf vermeintlich lustige Episoden kapriziert, etwa Besuche im Sexshop oder Probleme rund um die Spermaprobenabgabe in der Arztpraxis. Vieles davon hat man so schon gehört, gelesen oder in schlechten Filmkomödien gesehen, weshalb der Lachfaktor hier doch eher niedrig ausfällt. Bleibt eine Liebesgeschichte, die von der Unsicherheit des Mannes bestimmt wird, der seltsam passiv und reflektierend mit der Beziehung umgeht.

Das ganze Buch wirkt bei aller erzählerischen Kunstfertigkeit unentschlossen und manchmal sogar etwas gequält. Offenbar haben Autor und/oder Lektor irgendwann bemerkt, dass das Thema "Sterilisation" einen Roman nicht trägt, jedenfalls keinen solchen, wie ihn Preisendörfer geplant hat. Anders lässt sich kaum erklären, warum Sitcom-Humor und durchaus anspruchsvolle, liebenswürdige Betrachtungen zu einer Geschichte vermengt wurden, die dennoch nicht so recht zünden will. Max bleibt blass, distanziert, wirkt unecht, und die Oberflächlichkeit der gesamten Erzählung verhindert echtes Miterleben. Außerdem werden die Beweggründe für den Eingriff, die diesbezüglichen Sorgen und Implikationen nur angerissen; der Roman konzentriert sich, wie erwähnt, auf vermeintliche Situationskomik (wie etwa Max' Unfähigkeit, die Kinderschaukel zu verlassen) und am Ende sogar auf recht fade Verwechslungsspielchen.

Letztlich erweist es sich als Vorteil, dass "Manneswehen" nur rund 200 Seiten hat. Der Versuch, ein intelligentes Männer-Gegenstück zum frechen Frauenroman abzuliefern, ist jedenfalls gescheitert.

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