A long way down. Roman.
Nick Hornby, Kiepenheuer & Witsch 2005


Sitcom auf dem Dach

"High Fidelity" ist das Buch von Nick Hornby, das seinen Weltruhm letztlich begründet hat, und alle Nachfolger müssen sich an diesem wunderbaren, einfühlsamen, schnoddrig erzählten, einfallsreichen Kultbuch um Musik, Freundschaft, Liebe und Erwachsenwerden messen lassen. Bereits "About a boy" lahmte hier und da, "How to be good" rettete sich - gerade noch - durch den Themenwechsel, überraschte eher, als es befriedigte. Bei beiden blieb ein leicht fader Nachgeschmack. Wären sie von einem anderen Autor interessant (genug) gewesen? Ist Nick Hornby vielleicht doch ein langanhaltendes One-Hit-Wonder?

Silvester, London. Vier Menschen treffen sich auf dem Dach eines Hochhauses, alle vier vermeintlich kurz davor, sich in den Tod zu stürzen - Martin Sharp, der TV-Mann, dessen Karriere- und Privatglück jäh endete, als die Affaire mit einer Fünfzehnjährigen publik wurde.
Maureen, die Einundfünfzigjährige, die seit zwanzig Jahren den schwerstbehinderten Sohn pflegt und kein Privatleben kennt. JJ, der amerikanische Vollblutmusiker, dessen Band sich aufgelöst hat und der jetzt Pizza ausliefert. Jess, die rotzige Ministertochter, die seit dem Verschwinden der großen Schwester von Verlustängsten geplagt wird und über keine eigene Identität verfügt. Die vier springen nicht, sondern finden sich zu einer Notgemeinschaft zusammen, einer Art Anti-Selbstmord-Selbsthilfegruppe. Der Suizid wird um sechs Wochen auf den Abend des Valentinstages vertagt, und auch an diesem Tag werden sie - natürlich - nicht springen. Von der ersten Seite an ist klar, daß der Roman nicht auf diese Option hinauslaufen kann.

Hornby erzählt diese Geschichte wechselnd aus den Perspektiven der Beteiligten, die sich und die jeweils anderen betrachten, nach und nach die Hintergründe ihres Lebensunwillens offenbaren. Sie offenbaren aber nicht nur das, sondern die vielen Fallstricke des recht mühseligen Plots, die herbeikonstruierte Ausgangssituation -
und Hornbys latenten Wunsch, doch lieber (wieder) ein Buch über die Musik der vergangenen Jahrzehnte zu schreiben.

Genaugenommen sitzen da Joey, Rachel, Chandler und Ross auf dem Dach - die Figuren wirken wie einer amerikanischen Sitcom entnommen, ohne je komisch zu sein, das persönliche Schicksal als Beiwerk, und natürlich gewinnt es einzig bei JJ, dessen Todeswunschgründe die fadenscheinigsten sind, an Plastizität, und ein bißchen bei Jess, die auch hier und da mit einem Song-Vergleich kommt, den man der Figur eigentlich nicht abnimmt. Ansonsten plaudern, palavern und behaupten die Protagonisten viel - zu viel - und bewegen sich wenig innerhalb der recht starren Geschichte, die selbstverständlich vorhersehbar endet. All das in einer Short Story - okay, da wären die blasse Figurenzeichnung, das Vorhersehbare, das Willkürliche der Ausgangssituation, das Unechte der "Konflikte" vielleicht verzeihlich, aber nicht in einem Roman. Und erst recht nicht von Hornby.

Enttäuschend.

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