Das Leben - live! Roman.
Sam Colman, Droemer-Knaur 2001
Sam Colman ist das Pseudonym des englischen Autors William Sutcliffe, der u.a. mit "Meine Freundin, der Guru und ich" ziemlich erfolgreich war. Ich hab's nicht gelesen - und "Das Leben - live!" auch nur gegriffen, weil der Titel dem Werbemotto meines Lieblingsradiosenders entspricht. Mit Radio hat das Buch allerdings nichts zu tun.
Anna ist hübsch, extrem langbeinig und versucht, in einer Anwaltskanzlei unterzukommen. Miles ist hübsch, promisk und arbeitet bereits in der Anwaltskanzlei. Egg ist vermutlich eher nicht hübsch, weitgehend unentschlossen und bekommt den Job in der Anwaltskanzlei, den eigentlich Anna haben will, kündigt später wieder und kauft sich eine Imbißbude. Milly, die Freundin von Egg, arbeitet da übrigens auch schon (in der Kanzlei, nicht in der Imbißbude). Und außerdem leben alle zusammen in einer WG in Nordlondon. Hinzukommen Warren, der schwule Anwalt (wir erraten rasch, wo er arbeitet und wohnt), dessen Eltern noch nichts davon wissen (vom Schwulsein), Kira, seine Cousine (wo arbeitet sie? richtig!), die eigentlich auch ihre meiste Zeit in der WG verbringt (aber weiß, daß Warren schwul ist, während er glaubt, sie wüßte es nicht). Ferdy, mit dem Warren einen One-Night-Stand hat, und der NICHT in der Anwaltskanzlei arbeitet, aber als Kurierfahrer - die Kanzlei beliefernd. Rachel (Anwaltskanzlei), die
das Zimmer von Warren haben will. Puh. Wen vergessen? Macht nichts.Das Leben ist so. Vielleicht. Nach dem Lesen fiel mir als erster Vergleich die Sitcom "Friends" ein - und, siehe da, der erste und bisher einzige Rezensent bei amazon.de ist auf die gleiche Idee gekommen. Muß also was dran sein. "Das Leben - live" ist gekennzeichnet von Situationskomik und -dramatik, Dialogen, bei denen man im Hinterkopf die eingeblendeten Lacher hört, von
Kommen und Gehen, Zufällen und Ausfällen, einer Menge Aktion auf 300 Seiten, während eigentlich wenig Entwicklung stattfindet - eben wie bei einer Sitcom, deren Konzept ja darauf beruht, daß sich genaugenommen nichts wirklich tut, da das Zuschauer verwirren könnte, die eine der unzähligen Folgen verpaßt haben - oder merken, daß eigentlich eine Wiederholung der vorletzten Staffel läuft. Tatsächlich hat es Colman/Sutcliffe geschafft, ein Buch zu schreiben, bei dem es nahezu wurst ist, was passiert, bei
dem dem Leser die tatsächlichen Schicksale der Protagonisten egal sind, weil die Figuren reduziert werden auf die Komik oder Tragik der Interaktion miteinander. Szenen werden aufgebaut, die Pointe wird kassiert und ab damit in die Versenkung.
Rasant geschrieben, *sehr* witzig an einigen Stellen, leichtfüßig, teilweise sogar brillant. Aber es bleibt alles an der Oberfläche. Keine Figur hat Kontur über die Eigenschaften hinaus, die für das Zusammenspiel des Ganzen relevant sind. Auf diese Art verliert sich der Eindruck unheimlich schnell. Samstagnachmittag, sechzehn Uhr und ein paar Minuten. Die Folge "Friends" ist vorbei, und wenn mich jemand fragen würde, was da gerade passiert ist ...