Lila, Lila. Roman.
Martin Suter, Diogenes 2004
David, der etwas ungelenke, für seine dreiundzwanzig Jahre zu jung (und nicht wirklich gut) aussehende Kellner einer Szenebar will unbedingt dazugehören, wenn die Schicki-Clique um einen aufgesetzten Möchtegernschriftsteller allabendlich im "Esquina" einkehrt - umso mehr, als die hübsche Marie, in die sich David sofort verliebt, zufällig zu der Runde stößt. Er nimmt die an Verachtung grenzende Herablassung, mit der ihm begegnet wird, kaum zur Kenntnis, wohl aber die Annäherung zwischen Marie und besagtem Autor.
Dann findet David in einem Möbelstück, das er auf dem Trödel ersteht, ein Manuskript - "Sophie, Sophie", die tieftraurige, anrührende Geschichte einer scheiternden Liebe, angesiedelt in der Schweiz der fünfziger Jahre. Schnell scheint festzustehen, daß das Buch nie erschienen und der Autor längst verstorben ist. David gibt Marie das Manuskript, und dann kommt alles, wie es einfach kommen muß, nicht erst seit "Cyrano de Bergerac": David gewinnt seine Marie, die sich aufgrund des Manuskripts in ihn verliebt, er wird gegen den eigenen Willen zum gefeierten, erfolgreichen Schriftsteller, einem, bei dem die zappelige, verlegene Schüchternheit als Authentizität ausgelegt wird; selbst die zynische Kneipenclique zollt ihm zähneknirschend Anerkennung. Doch dann taucht Jacky auf, der siebzigjährige Penner, und behauptet David gegenüber, der eigentliche Autor zu sein. Die beiden arrangieren sich, doch als immer mehr Geld fließt und die Liebe zwischen David und Marie der Belastung zu erliegen droht, steht mindestens eine Katastrophe ins Haus.Der Stoff ist nun wirklich alles andere als neu; die schon häufig umgesetzte Idee fußt auf jener - nie bewiesenen - Behauptung, es gäbe diese "Liebe aus falschen Gründen" wirklich. Das spielt letztlich keine große Rolle - die Situation ist interessant, und man könnte eine Menge aus ihr machen; einige, viele haben das auch schon getan. Martin Suter leider nicht. Anfangs liest sich "Lila, Lila" wie einer jener Romane, die einem bestimmten Dunstkreis entstammen und auch nur von diesem verstanden werden können - vergleichbar mit Martin Schachts Szeneroman "Mittendrin". Die austauschbaren Pappkameraden in den ebenso austauschbaren Szenelokals, Außenwirkung über alles. Auf halber Strecke entscheidet sich Suter, doch eine Art Satire über den Literaturbetrieb zu schreiben. Alles vermengt sich, und seine ohnehin nicht sonderlich farbenprächtigen Protagonisten bleiben irgendwo inmitten des unglaublich vorhersehbaren und eher anspruchslos verfaßten Ränkespiels auf der Strecke. Interessant und wirklich schön zu lesen sind nur die Auszüge aus dem geklauten Manuskript.