Lichtjahre. Roman
James Salter, RoRoRo 2000

 

Salter wird in einem Atemzug mit John Updike genannt, im Klappentext von "Lichtjahre" heißt es gar, daß seit Updike niemand mehr die Geschehnisse in einer scheiternden Ehe derart anschaulich und nachvollziehbar geschildert hätte. Nunwohl, Updikes "Ehepaare" ist *nach* "Lichtjahre" erschienen - letzteres nämlich 1975 in den Staaten. James Salter ist, wie wir erfahren dürfen, "spät für Deutschland entdeckt" worden. Eine Fernsehrezensentin nannte "Lichtjahre" ein "fulminantes Frauenbuch". Derart vorbelastet ging ich an die Lektüre.

Na ja. Viri und Nedra sind *das* Traumpaar, jedenfalls nach außen. Schöne, erfolgreiche Menschen, ein behagliches Haus auf dem Land, in der Nähe von New York, ausschweifende und schlicht *herrliche* Abende mit den Freunden, zauberhafte Töchter, Kleinkunst, Weihnachtsbastelei, ein vertrottelter, aber gleichfalls zauberhafter Hund, Hühner, ein Pony. Viri fickt in der Arbeitspause herum, Nedra bei jeder Gelegenheit, vorzugsweise mit gemeinsamen Freunden. Irgendwann, so nach zwanzig Jahren, lassen sich die beiden scheiden. Viri heiratet eine skurrile Römerin, Nedra stirbt bald, nach einem kurzen Leben in "Freiheit".

Salter ist ausschweifend und auch anschaulich, wenn es um Atmosphäre geht; der Geruch im Haus, die Weihnachtsdeko, der erste Schnee - der Leser erlebt es, als geschähe es direkt vor seinen Augen. Aber damit hat sich's auch schon. Den Dialogen zu folgen, ist gelegentlich unmöglich; um nach einer Buchseite Gespräch noch herauszubekommen, *wer* zur Hölle gerade was sagt - das Verb wird übrigens ausgiebig strapaziert -, muß man abzählen, was bei mehr als zwei Dialogpartnern scheitert. Er wechselt die Zeiten und Erzählperspektiven, als hätte er gewürfelt, ohne erkennbaren Sinn. Ein Freundeskreis wird aufgebaut, als handele es sich um eine Bauernreihe auf dem Schachbrett, austauschbare Eigenschaften werden austauschbaren Charakteren zugewiesen, die darüberhinaus keine Eigenarten besitzen, die sich irgendwie aus Handlung oder Dialog ergäben. Apropos Handlung: Ist nicht. Wie auch die Entwicklung der Gefühle zwischen Viri und Nedra, eigentlicher Kern der ganzen Angelegenheit, kaum andeutungsweise nachvollziehbar wird.

Quälend langweiliger Käse! Vielleicht ein Frauenbuch, aber damit schert man ein ganzes Geschlecht in übler Weise über einen
zahnlosen Kamm.


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