Nabokovs Katze
. Roman.
Thomas Lehr, Aufbau-TB-Verlag 2001

 

Mit 44 Jahren zählt man, und das scheint mir beruhigend und beunruhigend zugleich, in Deutschland zu den "jungen Autoren".
Lehrs dritter Roman wurde, wie seine Vorgänger, mit dem einen oder anderen Literaturpreis bedacht - alleine, es ist ein krautiges, mühseliges, verkopftes und gen Ende unfaßbar langweiliges Buch, selbst- und sprachverliebt, didaktisches Hausierertum, geprägt von unzweideutiger, aber häufig überflüssiger "Erotik".

"Nabokovs Katze" erzählt die Lebensgeschichte Georgs, beginnend mit einem doppelten LSD-Trip im zarten Alter von fünfzehn, und endend mit dem erfolglosen Versuch, der persistenten Jugendlieben-Chimäre Camilla Herr zu werden, führt von Sartre und Freud über eine seltsame, weitgehend begründungsarme Kameraperspektive durch Beziehungen, Liebeleien und Fickereien, einen ermüdenden Mexikoaufenthalt und dergleichen mehr zum Showdown in Heidelberg. Georg arriviert als Autor und Regisseur, letztlich jedoch nicht bei Camilla. Was aus Georg wird, bleibt offen und ist egal, da keine erkennbare Entwicklung stattfindet.

Lehr bemüht eine schwer nachvollziehbare Perspektive, um die Figur seines Protagonisten in ihrer tiefschürfenden, gelegentlich ziemlich aufgesetzten Nachdenklichkeit zu formen, schildert repetierend und in Rückblenden wiedergekäute Minimalereignisse, um andernorts durch die Geschichte zu jagen, spielt recht gekonnt mit der Sprache und ebenjener Perspektive, verschließt aber den Zugang zur Figur durch eine Überfrachtung derselben, grenzt den Leser quasi aus, da der Autor es gleichzeitig für überflüssig hält, das monströse Gedankengeflecht Georgs mit nachvollziehbaren Emotionen zu durchsetzen, wodurch, zum Beispiel, die Glaubwürdigkeit der Suizidgedanken während des Mexikoaufenthalts sehr gering ausfällt. Die Aufzählung im Stil "Die Frauen meines Lebens", nicht eben originell, scheitert meines Erachtens insbesondere daran, daß die Frauen - wie alle anderen Figuren auch - auf ihre Interaktion mit Georg beschränkt bleiben, auf den kommentarreichen, leider über das gesamte, sehr gelehrige Buch hinweg pubertierenden Reflexionen einer Figur, die wirkt, als wäre sie aus dem Papier gefaltet worden, auf das das Buch gedruckt wurde. Am Ende wird es quälend, so sehr, daß ich erleichtert war, die 512 Seiten geschafft zu haben. Keine sehr fesselnde Lektüre, sprachlich häufig überbordend, durchsetzt von interessanten, zuweilen ganz prickelnden Passagen, die leider eine wackelige Grundlage für das schwer verdauliche Buch darstellen.


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