Ausweitung der Kampfzone.
Roman.
Michel Houellebecq, rororo 2001 (TB)

 

Houellebecq ist für Frankreich das, was B.v.S.-B. für Deutschland ist, was Coupland vor ein paar Jahren für Amerika war: Ein sogenannter Popliteratur-Kultautor. "Ausweitung der Kampfzone" hat Preise abgeräumt und die Bestsellerlisten angeführt, und der Vergleich im ersten Satz tut dem Autor Unrecht: Er kommt subtil-ironisch, enorm einfallsreich, hochphilosophisch, intelligent und
eindringlich daher; "Ausweitung der Kampfzone" ist kein selbstverliebtes, postpubertäres Geplänkel wie Stuckard-Barres Soloalbum", und es ist keine Anhäufung von Belanglosigkeiten wie "Generation X".

Nein, es ist ein verwirrendes, deprimierendes, heiteres, sarkastisches Buch über einen dreißigjährigen Informatiker, der in seiner Selbstentfremdung und Orientierungslosigkeit mehr und mehr zum Betrachter einer Welt degeneriert, die er nicht mag, mißachtet, vielleicht haßt, jedenfalls nicht versteht. Ohne jede Anteilnahme geht er seinem Job nach, dem einzigen, aber eigentlich unbedeutenden Fixpunkt seines Lebens, nimmt Kontakt auf, wenn es unvermeidlich ist, nähert sich nicht, distanziert sich aber auch nie, richtet seine Reaktionen ganz auf die Erwartungen des Gegenüber ein, schreibt und denkt, interessiert sich aber nicht
wirklich. Den armseligen Kollegen, der sich des konsequenten, unvermeidlichen, ewigwährenden Scheiterns bei dem Bemühen,
eine Frau ins Bett zu bekommen, gewahr wird, überredet er fast zu einem Sexualmord, aber ansonsten bleibt der Protagonist passiv.

Daß der Roman trotzdem so rasant, fast flüchtig erscheint, liegt an der brillanten Konstruktion und der Massierung scheinbar willkürlich aneinandergereihter Betrachtungen, was sogar den Umstand völlig vergessen macht, daß fast nichts passiert. Fast.
Ein seltsames, faszinierendes Buch.

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