Jedermann. Roman.
Philip Roth, Hanser 2006




Das Alter ist ein Massaker

Roth' nur 170 Seiten kurzer neuer Roman ist eine einzige Sterbeszene, die mit dem Begräbnis beginnt und dann zurückschaut. Der namenlose einundsiebzigjährige Held, Sohn eines jüdischen Juweliers, blickt auf drei gescheiterte Ehen, eine Tochter und zwei Söhne, eine Karriere als Werbefachmann, diverse Wehwechen und schwere Operationen zurück.
Er ist einsam, der Ruhestand stellt sich so ganz anders dar, als er es erwartet hatte, die Malerei macht auch keinen Spaß und erfüllt das Leben nicht, zumal er kaum ignorieren kann, im beschaulichen Seniorendorf von Alter, Verfall und Tod umgeben zu sein. Er fühlt sich nutzlos, gar als Eindringling, wenn er mit dem eigentlich
geliebten, aber für seine körperliche Fitness verachteten großen Bruder Kontakt aufnimmt, oder mit der Tochter, den Söhnen, gar den Ex-Frauen.

Die Botschaft ist klar und simpel: Das Leben ist kurz, und dann sterben wir. Wie sich das Ende gestalten wird, hängt davon ab, was wir zuvor tun, aber große Hoffnungen auf einen beschaulichen Abgang sollte man sich nicht machen. Altsein ist grausam, vollgestopft mit melancholischen Momenten, Frust über den unbefriedigenden körperlichen Zustand, Trauer über verlorene Freunde und Familienmitglieder. Und überhaupt. Das Sterben beginnt schließlich mit der Geburt.

Bleibt die Frage, was all das soll. "Jedermann" verfügt sicherlich über weise Momente, bietet hier und da unterhaltsame Abschnitte, aber man sucht doch eher vergeblich nach dem, was jenseits der testamentarischen Rückschau vorzufinden sein könnte. Eine zuweilen deprimierende, über weite Strecken kunstfertige Schreibübung, die man aber einem anderen Autor nicht verzeihen würde.

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