Horst, der Held. Roman.
Matthias Praxenthaler, dtv 1999
Segelohren, Kassenbrille, Zahnspange, orthodox-katholische, rechtschaffen verklemmte Eltern, Geburtsort Troisdorf, sprich Troosdorf: Und dann wird er auch noch Horst genannt, Horst Gurk. Verständlich, daß es der Junge schwer hat, zumal ihn die sieben Söhne des örtlichen Metzgers auch noch als Hauptangriffsziel auswählen. Bis zu seinem zweiundzwanzigsten Lebensjahr erlebt Horst die Welt aus zweiter Hand, konsequenterweise wählt er sich eine vergleichbare Zweite-Hand-Existenz als Idol. Horst wird heimlich zum Rambo, robbt durch die Troosdorfer Wälder und scheitert bei der Jagd nach Wildschweinen im örtlichen Zoo.
Schließlich quält ihn seine verklemmte Jungfräulichkeit so sehr, daß er ins "Crazy Sexy" rennt, den einzigen Puff von Troisdorf. Er ist der zehntausendste Besucher, gewinnt eine kostenlose Nacht mit Bea, der zwanzigjährigen Hure aus Ungarn, in die er sich natürlich verliebt, und außerdem ein Flugticket nach Vietnam. Mama und Papa Gurk allerdings teilen seine Begeisterung nicht, als sie die Fotos im "Kölner Express" sehen - Papa Gurk stürzt vor Schreck aus dem Fenster, Mama Gurk tut es ihm gleich, suizidmäßig.
Bis zu dieser Stelle ist "Horst, der Held" trotz der etwas gequälten, teilweise auf Schulaufsatzniveau angesiedelten, gelegentlich brachial-amüsanten, überaus naiven Erzählweise ganz lustig, aber dann fliegt Horst nach Vietnam. Die - vermutlich teilweise authentischen - Reiseerlebnisse legt Praxenthaler als hanebüchene Odyssee an, und er scheitert gründlich. Was sich zuvor noch liebevoll-ironisch anfühlte, weshalb man dazu neigte, den Stil zu verzeihen, wird zum altklugen, fürchterlich unrealistischen Geschreibsel, die ohnehin niedrige Erzählqualität verflüchtigt sich vollständig.
Die witzige Ausgangsidee, die bei allen Unterlassungssünden und logischen Fehlern irgendwie packte, schmiert leider ab. "Horst, der Held" ist in der Konsequenz ein größtenteils ungenießbarer, stark pubertierender Roman, der in der zweiten Hälfte so schlecht erzählt ist, daß er trotz der Kürze in die Schublade "ärgerlich" wandert.