Vier Seiten für ein Halleluja. Ein Schreibratgeber der etwas anderen Art.
Hans Peter Röntgen, LERATO-VERLAG November 2007
Der ungarische Schriftsteller Ferenc Molnár sagte: Manch einer verdankt seinen Erfolg den Ratschlägen, die er von anderen nicht angenommen hat. Das sehe ich prinzipiell ähnlich. Schreibratgeber, insbesondere solche, die Patentrezepte für den Erfolg zu liefern behaupten, habe ich immer gemieden. Was mir tatsächlich geholfen hat, um die eigenen Schwächen zu erkennen und meine Texte, meinen Stil und dramaturgische Komponenten zu verbessern, war die konkrete Arbeit am Text, gemeinsam mit anderen Autoren. Genau dieses Prinzip hat Hans Peter Röntgen seinem Buch "Vier Seiten für ein Halleluja" zugrunde gelegt.
19 angehende Schriftsteller haben Romananfänge zur Verfügung gestellt, jene (ersten) vier Seiten, anhand derer Redakteure und Lektoren entscheiden, ob sie dem Projekt mehr Aufmerksamkeit widmen. Röntgen hat diese Texte durchgearbeitet, analysiert, kritisiert und verbessert. Ja, tatsächlich verbessert. Anhand der Textproben von durchaus unterschiedlicher Qualität - manchmal springen die Fehler nachgerade ins Auge, manchmal meint man, einen Text vor sich zu haben, der eigentlich recht okay ist - zeigt der Autor, der auch Textworkshops und Seminare anbietet, welche Kardinalfehler gemacht werden, vom Infodumping über perspektivische Probleme bis hin zum verdammten 'Deus ex machina', aber auch, welche geringfügigen Fehlentscheidungen später zur Katastrophe führen können. Jede Text steht mehr oder weniger exemplarisch für ein Problemfeld, manchmal für mehrere gleichzeitig. Diese erläutert Röntgen parallel zur Arbeit am Text, liefert schließlich noch Beispiele und anschauliche Übungen. Der Leser erlebt mit, wie sich der Text verändert, hin zum Besseren. Dies geschieht auf einleuchtende Weise, humorvoll und keineswegs oberlehrerhaft. Auch Hans Peter Röntgen weiß, dass es keinen Königsweg gibt, aber es geht in erster Linie um das Erkennen der Schwächen, und nicht um Leitlinien á la "Wie man einen verdammt guten Roman schreibt". Insofern ist "Vier Seiten für ein Halleluja" auch kein Schreibratgeber, obwohl das Wort im Subtitel auftaucht, sondern eine lehrreiche und sehr nachvollziehbare Fallstudie, die durchaus geeignet sein dürfte, einen spürbaren Fortschritt auf der Lernkurve zu machen.
Wer nicht die Möglichkeit hat, sich mit erfahrenen Autoren über seine Projekte auszutauschen, sollte dieses Buch aufmerksam lesen und versuchen, die Erkenntnisse auf die eigene Arbeit zu übertragen. Das dürfte weitaus hilfreicher sein als das Abarbeiten vermeintlich erfolgversprechender Kochrezepte. Ich wünschte, es hätte dieses Buch schon gegeben, als ich mit dem Schreiben begonnen habe. Es hätte mir viel Mühe erspart.