Fermats letzter Satz.
Simon Singh, dtv 2000, TB
Wissenschaftsgeschichte Mathematik ist eine langweilige, nüchterne
Wissenschaft, und das alltägliche Treiben der Mathematiker nicht immer
nachvollziehbar. "Modulformen", "elliptische Gleichungen",
Exponentialfunktionen, Uhrarithmetik, imaginäre Zahlen, Vermutung und
Beweis - oft zeigt sich nicht einmal in der praktischen Anwendung (und wenn,
dann einem völlig anderen Gebiet der Wissenschaft), warum sich Mathematiker
in Themen verbeißen, deren theoretische Grundlagen sich dem Normalbürger
entziehen, von denen er häufig noch niemals auch nur gehört hat.
Piere de Fermat, "der König der Amateure" (mathematisch gesehen,
Bernoulli gab ihm diesen Titel), hat im siebzehnten Jahrhundert einen Satz
aufgestellt, oder vielmehr eine "Vermutung", wissenschaftlich
gesprochen, denn er hat der Nachwelt den Beweis der Vermutung (der aus ihr
einen "Satz" machen würde), vorenthalten. Die Vermutung lautet:
x^n + y^n = z^n hat keine Lösung für n > 2 (^ steht für
"hoch", n ist also der Exponent) Klingt supersimpel. Es gibt keine
natürlichen, ganzen x und y, die, jeweils n-fach mit sich selbst multipliziert
und anschließend addiert, eine natürliche, ganze Zahl ergeben,
ebenfalls n-fach mit sich selbst multipliziert. Grundlage für dieses
"größe Rätsel der Mathematik" sind die pythagoreischen
Tripel: x² + y² = z², aus denen Fermat seinen "Satz"
formulierte, irgendwo als Randnotiz hinterließ, eine Lösung zu
kennen, und damit hatte sich's.
Bis ins späte zwanzigste Jahrhundert knabberten abertausende von Hobby-
und Profimathematikern daran, den Beweis für den Satz zu finden, Preise
wurden ausgeschrieben, Lösungen vorgestellt, die einer näheren
Prüfung nicht standhielten, und erst in den letzten Neunzigern gelang
es dem Engländer Andrew Wiles nach acht Jahren Eremitendasein, auf
über 130 Seiten, unter Verwendung dutzender Methoden (die er teilweise
selbst entwickelte), den Satz stichhaltig zu belegen. Das brachte ihm den
- inoffiziellen - Titel "größter Mathematiker des Jahrhunderts"
ein, ein Cover der "Time" und einiges andere mehr.
Das Geschehen um den letztlichen Beweis nimmt in Singhs Buch einen kleinen
Teil ein, der Beweis selbst ist aberwitzig kompliziert und fehlt (sinnvollerweise).
Der Physiker und Wissenschaftsjournalist führt durch die Geschichte
der Mathematik, von Pythagoras über Euklid, Bernoulli, Euler und Kollegen
bis in die Neuzeit, schildert Annahmen, Mißverständnisse und
bahnbrechende Neuentwicklungen, erklärt theoretische Grundlagen und
die Verhaltensweisen der - uns oft nicht verständlichen - Mathematikbegeisterten.
Er zeigt auf, warum haltbare Beweise eine so bedeutende Position einnehmen,
worin die Konflikte der axiomatisch basierten Zahlentheorie liegen, welche
Krücken und Ausweichlösungen Mathematiker benutzen müssen,
um sich in "ihrer" Wissenschaft zu behaupten. Singh schreibt anschaulich,
spannend und überaus lesbar, und selbst für einen nicht-mathematikinteressierten
Leser kann dieses Buch ein echtes Vergnügen bedeuten. Weshalb es zum
Weltbestseller wurde.
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