Erdsee. 4 Romane
(Fantasy),
Ursula K. Le Guin, Heyne 1999
Der "Erdsee-Zyklus" (den Le Guin wahrscheinlich selbst nie so genannt hat,
der aber auf der Buchrückseite unvermeidlicherweise mit dem "Herrn der Ringe"
auf eine Stufe gestellt wird) besteht aus 4 vergleichsweise kurzen Romanen,
von denen die ersten drei zwischen 1968 und 1972 entstanden, also vor dem
großen Fantasy- Boom der achtziger Jahre, und der letzte 1990.
Hauptfigur aller vier Bücher ist "Sperber", der mächtige Zauberer, dessen
eigentlicher Name "Ged" lautet. Seine glorreichen Abenteuer in der Inselwelt
der fantastischen "Erdsee" machen den Kern der ersten drei Bücher aus: Er
ist der Junge mit der großen "Macht", der eher unbewußt - auf magische Art
- sein Dorf rettet, vom nächstmächtigen Zauberer entdeckt wird, rasendschnell
die Zaubererschule durchläuft, den obligaten Drachenkampf hinter sich bringt
und dann pausenlos die Welt vor dem schlimmsten bewahrt, eint und in die
friedliche Zukunft führt.
Die Erdsee ist ein skandinavisch angehauchtes Reich, bevölkert von erwähnten
Drachen und ansonsten recht normalen Menschen. Besonders an dieser Fantasy-Welt
ist der große Bezug zur Ursprünglichkeit, der sich insbesondere darin äußert,
daß der eigentliche Name der Dinge und Menschen von hohem Wert und großer
Machtfülle ist und deshalb vor anderen verheimlicht werden muß.
Ansonsten: Gequältes Schulterzucken. Sprachlich sehr schön, be- und anschaulich,
sind insbesondere die ersten drei Bücher zwar wunderbar erzählt, aber extrem
linear, vorhersehbar und von recht geringer Originalität, die sich in diesem
Genre ohnehin zunehmend in der fantasiereichen Variation der Standardelemente
manifestiert.
Das letzte Buch trägt der Tatsache Rechnung, daß in den vorigen drei Romanen
alle wesentlichen Handlungsträger und insbesondere der "Held" Männer sind,
daß Frauen bis dahin passive und höchstens beratende Rollen spielen, klassisch
patriarchalisch nahezu. In "Tehanu", dem deutlich anzumerken ist, daß es
achtzehn Jahre später entstand (und das leider von einem anderen Übersetzer
bearbeitet wurde), werden die Frauen initiativ (die Handlung schließt an
das letzte Buch an), und sanft erzählt, aber dramaturgisch-brachial wird
ein Brückenschlag auf die andere Geschlechterseite versucht, der zurückreicht
bis in die oft zitierten Anfänge besagter Inselwelt.
Fantasykost der leicht gehobenen Art, hohe Erzählkunst, aber wenig wirklich
Interessantes, vor allem handlungsseitig - und den letzten Roman hätte sich
Le Guin sparen können.
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