Die Chronolithen. Roman.
Robert Charles Wilson, Heyne, Oktober 2004





Scott Warden hat sein Programmierprojekt eigentlich beendet, ist aber mit Frau und Kind in Thailand geblieben, weil er es da irgendwie cooler findet als in den Staaten, außerdem ist er grundsätzlich ein wenig antriebslos. Als die Tochter Kaitlin schwer erkrankt, verlässt ihn die Frau, wovon Scott aber zunächst nichts mitbekommt, weil er mit seinem Kumpel, einem vermeintlichen Drogendealer, im Busch unterwegs ist: Im Hinterland ist nämlich über Nacht eine seltsame, fast hundert Meter hohe Skulptur aufgetaucht, ein bläulich schimmerndes Monument, unzerstörbar, aber mit verheerenden Folgen für die Gegend. Das Monument enthält eine Inschrift, die in mehreren Sprachen den Sieg in einer Schlacht verkündet - "Kuin" wird Thailand erobern. Und zwar in zwanzig Jahren: Die Statue stammt aus der Zukunft. Sie ist nur die erste von vielen. Während der kommenden Jahre werden an immer mehr Stellen auf der Erde Kuin-Monumente auftauchen, die Siege exakt zwanzig Jahre später verkünden, aber in der Jetztzeit Chaos und Elend verursachen. Noch ist keine in den USA erschienen, wo sich der familien- und joblose Scott wieder befindet, aber es gibt Zeichen dafür, dass genau das geschehen wird. Wer ist Kuin, wer wird Kuin sein - diese Frage stellt sich die Weltbevölkerung. Nicht wenige gründen Kuin-Kulte oder schließen sich solchen an, während die Wirtschaft und ganze Staaten kollabieren. Und irgendwie hat das alles mit Scott selbst und seiner früheren Dozentin Sue Chopra zu tun, die ihm schließlich einen Job anbietet: Er soll verhindern helfen, dass das sich nächste Monument, von dem man bereits weiß, wo es entstehen wird, manifestieren kann. Nur auf diese Art, meint man, ist dem bis dato unbekannten Kuin die Stirn zu bieten.
Die Idee hinter "Die Chronolithen" lautet "selbsterfüllende Prophezeiung". Wenn man von etwas weiß, dass es auf jeden Fall geschehen wird, lässt es sich dann verhindern? Erzeugt sich Kuin quasi rückwirkend selbst? Ist es alleine die Technik, die die Rückwärtsprojizierung der Chronolithen ermöglicht, die dazu führt, dass Kuin erstarken wird? Diese spannenden und pfiffigen Fragen stellen die Substanz des Romans dar, dem es allerdings hier und da an der selbigen fehlt. Die Figurenentwicklung ist manchmal etwas nachlässig gestaltet, und die vielen unmotivierten Zeitsprünge scheinen einzig dem Zweck zu dienen, dem Autor Erklärungsarbeit zu ersparen. Das ist schade und verleidet gelegentlich den Lesespaß an diesem ohnehin nicht sehr ambitioniert verfassten, aber dennoch spannenden Buch, das zwar zu den schwächeren von Wilson zählt, aber mit einer der besten Ideen daherkommt. Und lesenswert ist es so oder so. Dass Wilson die entscheidende Frage nicht beantwortet (die damit zusammenhängt, dass ja auch der spätere Kuin längst wissen muss, wie die Ereignisse der Vergangenheit geendet haben), kann man ihm deshalb auch verzeihen.

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