Der Brenner und der liebe Gott. Roman.
Wolf Haas, Hoffmann und Campe, August 2009


Brenner

Belanglos

Man sollte Rockbands nicht glauben, wenn sie erklären, dass sie sich auflösen und höchstens dann wieder zusammen spielen, wenn die Hölle zufriert. Genauso wenig sollte man Autoren glauben, die eine erfolgreiche Romanfigur als "auserzählt" bezeichnen und erklären, sich von ihr verabschiedet zu haben. Das hat Haas - sinngemäß - zu "Das ewige Leben" gesagt, dem bis dato letzten Brenner-Roman, der (eigentlich) ein solider Befreiungsschlag und ein würdiger Abschluss der Reihe war. Nun steht Brenner überraschend wieder auf der Matte, das Feuilleton schenkt ihm reichlich Aufmerksamkeit, der Titel war für den deutschen Buchpreis nominiert, die Buchkäufer reagieren entsprechend. Und immerhin ist das Buch schön ausgestattet - die Schokoladentafel auf dem Titel mit den kleinen "Haas"-Aufdrucken erinnert sehr an die Luftmatratze auf dem kongenialen "Das Wetter vor fünfzehn Jahren", das viel Hoffnung darauf machte, Haas würde sich umorientieren und hätte sich von seinem etwas ausgelutschten, lethargisch-cleveren Ermittler verabschiedet.

Andererseits. Erfolg ist Erfolg, Autoren leben davon, Bücher zu verkaufen, und zwar möglichst viele. Und der Erfolg eines neuen Brenner-Romans war und ist einfach zu erwarten. Denn Haas ist arriviert.

Simon Brenner steht unter Antidepressiva und verdingt sich als Fahrer bei einem Bauunternehmer. In der Hauptsache ist er damit beschäftigt, dessen sehr junge Tochter zwischen Wien und München hin- und herzukutschieren. Das macht der Herr Simon, wie er genannt wird, sehr gewissenhaft, aber vor dieser Fahrt hat er vergessen, die Limousine aufzutanken. Während er das nachholt und anschließend im Tankstellenshop lange darüber nachdenkt, welche Schokoladensorte er dem im Auto wartenden Kleinkind mitbringen soll, wird die Unternehmertochter entführt. Brenner, noch mehr als sonst gebremst (durch die Medikamente), verfällt in eine Art Beobachtungsstarre, aber die Ereignisse nehmen ihren Lauf. Letztlich hat die Entführung mit den weiteren Geschehnissen nur am Rande zu tun, war Auslöser für Ermittlungen, die zu einem völlig anderen Fall führen, aber genaugenommen spielt der Fall so oder so kaum eine Rolle. Er ist belanglos und vorhersehbar, wie das meiste in diesem - glücklicherweise recht kurzen - Buch.

Insofern kann ich mich der fast einhelligen Begeisterung nicht anschließen. Sprachlich und stilistisch repetiert sich Haas selbst, aber auf niedrigem Niveau. Ja, es gibt schöne Momente, weise Betrachtungen und all das, daneben einiges an Originalität, doch am Ende bleibt eine unkonventionell erzählte Bulle-von-Tölz-Story übrig. Also, lieber Gott. Erbarme Dich und setze dem ein Ende. Haas kann es besser, aber der Brenner zündet nicht mehr.

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