Und was machen Sie beruflich? Roman.
Rolf Dobelli, Diogenes 2004


Eine Warnung vorweg: Die Menschen - es gibt sie -, die den Wert eines Buches über die darin enthaltene Menge Text beurteilen, sollten die Finger von "Und was machen Sie beruflich?" lassen. Der Roman ist großzügig, fast weiträumig gesetzt, und käme auch mit 50 Seiten aus. Aber auch diejenigen, die gewisse Erwartungen an Romane haben, seien gewarnt.

Gehrer, der Protagonist aus "Fünfunddreißig", ist inzwischen fünf Jahre älter. An einem Sonntagabend sitzt er im Büro, im achtzehnten Stock des Firmensitzes von "SolutionsUniverse", mitten in Zürich. Er spürt ein Beben, aber die Wasseroberfläche in seinem Glas bleibt still. Das Beben erwischt nur ihn selbst: Gehrer wird am nächsten Morgen entlassen werden. Aus dem Marketingdirektor wird ein Nichts, ein Mensch ohne Arbeit, ein "Arbeitsfreier", wie man in der Schweiz so sagt.
Und damit ist auch schon fast erzählt, was in "Und was machen Sie beruflich?" geschieht. Gehrer verheimlicht die Kündigung vor seiner Frau, gibt sich drei Wochen Nachdenkurlaub in der Karibik, und danach einen Bewerbungsmarathon, der zu nichts führt. Dem folgen einige andere Ereignisse, aber der Absturz ist vorgezeichnet, und also wird er eintreten. Gehrers Leben war auf seinen Job fixiert, und ohne diesen kann er nicht über-leben.

Das Buch ist die Fortsetzung von "Fünfunddreißig", jener Aphorismen-Aneinanderreihung, die so trefflich und weise auf den Punkt brachte, was falsch läuft im menschlichen Leben allgemein und im Managerleben im Speziellen. Diese Treffsicherheit und Weisheit fehlt "Und was machen Sie beruflich?", das sein eigenes Thema - die Definition des Menschenwertes über seine Arbeit - verfehlt, und eine schwafelige, trotz der Kürze zeitweise ziemlich langweilige Abstiegsstory erzählt, die hinten und vorne nicht funktioniert, weil es Gehrers Schritten an Nachvollziehbarkeit mangelt, weil der Protagonist weit entfernt bleibt, wie in Watte gebettet. Zudem fehlt der Witz aus "Fünfunddreißig", jenes Augenzwinkern, hier ersetzt durch unverständliche Aufzählungen und nur mäßig lustige Randbemerkungen.
Schade.

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