Imperial Bedrooms. Roman.
Bret Easton Ellis, Kiepenheuer & Witsch
Tolles Geschenk für Kaminbesitzer
Vorweg: Ich mag die Romane von B. E. E., sogar "Glamorama", "Lunar Park" und "Einfach unwiderstehlich", den Vorgänger von "Unter Null". Aber "Imperial Bedrooms" ist ein Scherz. Und zwar ein schlechter.
Kürzlich sagte ein amerikanischer Singer-Songwriter in einem Radiointerview sinngemäß: Alle Autoren und Songschreiber erzählen immer wieder dieselbe Geschichte, und sie versuchen, es beim nächsten Mal noch besser zu machen als vorher. Ellis' persönliche Story ist die von den emotionslosen Hedonisten, von den gefühlskalten, auf ihren eigenen Vorteil - und nichts weiter - bedachten Wohlstandskindern, die notfalls auch Tote und Verletzte in Kauf nehmen, um ihren ganz persönlichen Spaß zu haben. Drogen, Gewalt, Sex und Markenartikel - so lässt sich Ellis' Oeuvre in vier Worten zusammenfassen. Da er das exzellent beherrscht - oder bisher beherrschte -, spielte die unermüdliche und nur geringfügig abwandelte, hin und wieder leicht satirische ("American Psycho", "Lunar Park") und manchmal sogar selbstironische Wiederholung bisher keine Rolle. Nun aber hat der amerikanische Literaturbuhmann sein Mindesthaltbarkeitsdatum offenbar überschritten. Anders gesagt: Seine Story ist auserzählt.
Fünfundzwanzig Jahre nach "Unter Null". Es gehört schon ein gesundes Selbstbewusstsein dazu, nach einem Vierteljahrhundert einen Nachfolgeroman abzuliefern, wobei zumindest ich mich kaum noch an die Figuren aus dem Vorgänger erinnere. Klar, da war ein Junkie, es gab Vergewaltigungen, viele Drogen und jede Menge Partys. Woran ich mich tatsächlich noch erinnere, das ist die sehr simple Konstruktion von Bandwurmsätzen, die Aneinanderreihung von berichteten Ereignissen, nüchtern aufgezählt, verbunden mit dem Wörtchen "und". Ellis tut das, als Remineszenz an "Unter Null", auch in "Imperial Bedrooms", und damit ist die Liste der bemerkenswerten Eigenschaften dieses Romanscherzes auch schon abgehakt.
Clay ist inzwischen Drehbuchautor, pendelt zwischen N.Y. und L.A., wo die Handlung spielt. Er ist nicht mehr jung, tut aber weiterhin so, weshalb er auf das reizvolle Angebot der noch hübschen und tatsächlich jungen Möchtegernschauspielerin Rain Turner eingeht. Aus kaum nachvollziehbaren Gründen wird die kurze Liebschaft zur Obsession, und bald offenbart sich, dass Julian und Rip (beide bekannt aus dem Vorgänger, wenn man sich denn erinnert) ihre Hände im Spiel haben. Dann gibt es Tote, ein bisschen Verfolgungswahn und am Ende etwas Chaos. Aufgefüllt wird die flache Unhandlung mit zig Partybesuchen, nihilistischen Dialogen in schicken Restaurants oder Hotellobbys, einigen Sexszenen, ein paar Lines Koks und kistenweise Champagner.
Am Anfang des glücklicherweise sehr kurzen Buches, das aus Clays Sicht erzählt wird, erinnert sich die Hauptfigur daran, wie die Protagonisten aus "Unter Null" seinerzeit schließlich mitbekamen, dass aus ihrer Geschichte ein erfolgreicher Roman geworden war. Sie sahen sich gemeinsam den eher nicht so guten Film an, der daraus entstand. Ellis nutzt die Gelegenheit, diesen cineastischen Rohrkrepierer (aus dem Buch wurde eine Art "Beverly Hills, 90210"-Pilotfilm) nachträglich abzustrafen, aber eigentlich ist diese laue Fortsetzung genau dasselbe, nämlich eine substanzlose, langweilige, sterile Wiederverwertung. Der Autor erzählt auf diesen knapp 200 Seiten exakt überhaupt nichts. Seine Figuren - zuvorderst Clay - sind irgendwelche Luschen, so interessant wie eine überfahrene Nacktschnecke auf einer Landstraße in der Nähe von Uerdingen. Im Prinzip hätte dieser Roman "Unter Null" heißen müssen, denn dort bewegt sich sein erzählerisches und dramaturgisches Niveau. Besäße ich einen Kamin, wüsste ich, was ich mit diesem Schrottbuch anzufangen hätte. Aber ich kann es ja immer noch verschenken. An Kaminbesitzer.