American Gods. Roman.
Neil Gaiman, Heyne 2003


Ein dickes, ein unhandliches Buch – in mehreren Bedeutungen des Wortes. Neil Gaiman, der sich lange Zeit im Fahrwasser von Terry Pratchett und Douglas Adams (dessen niedliche Biographie „Keine Panik“ er schon in den frühen Neunzigern verfaßte) bewegte, legt mit „American Gods“ einen recht fetten Mystery-Schmöker vor, dessen Thematik und Idee aus irgendeinem Scheibenwelt-Roman bekannt vorkommt: Die Götter, die sich die Menschen geschaffen haben, leben als teils ziemlich abgehalfterte Figuren in den Vereinigten Staaten, mitgebracht von all den Einwanderern, aus denen sich das amerikanische Volk nun einmal zusammensetzt.
Weil sich die Zeiten ändern, schwindet der Glaube, sogar die Erinnerung an viele dieser Götter, und damit deren Kraft; neue kommen hinzu, die Götter des Internets, des Fernsehens, der Technik. Es steht ein Krieg an, die scheinbar unvermeidliche Auseinandersetzung zwischen dem Althergebrachten und dem Jetzt, Götter gegen Götter, ein mächtiges Blutvergießen. Und mittendrin Shadow, ein etwas skuriller, manchmal träger, häufig aber bauernschlauer Typ, der vor dem Nichts steht, als er aus dem Knast entlassen wird, und von „Wednesday“, der sich letztlich als Inkarnation des Allvaters Odin entpuppt, einen Job angeboten bekommt. Doch nichts ist wirklich, wie es scheint, der selbst in dieser Hinsicht begabte Shadow wird am Ende den großen Taschenspielertrick entlarven.

Das Buch hat seine netten Strecken, vor allem aber hat es viele Längen – und es ist schrecklich übersetzt. Entscheidend aber scheint mir, daß sich die Story, die mit reichlich liebevoll-subtiler Kritik an der amerikanischen Lebens- und Denkweise durchsetzt ist, wie ein Bergsteiger mühevoll den Hügel hinaufquält, obwohl es mit dem Sessellift einfacher gegangen wäre. Will sagen: Die Schwarte ist erstens viel zu lang und zweitens zeitweise sehr, sehr langweilig. Dagegen helfen auch die fein gezeichneten Figuren und originellen Einfälle nicht. Mal davon abgesehen, daß die eigentlich ziemlich dünne Geschichte vor Unlogik strotzt, daß es reichlich überflüssige und am Ende etwas brachial verknüpfte Handlungsfäden gibt, die alleine dem Zweck zu dienen scheinen, das Ding zu füllen. Dringende Empfehlung: Auf die Taschenbuchausgabe warten, wenn überhaupt. Die meisten Scheibenwelt-Romane sind origineller und weitaus besser geschrieben – und übersetzt.

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