Der beste Roman aller Zeiten. Roman.
Oliver Maria Schmitt, Rowohlt Berlin 2009
Abgedrehte Satire über den Literaturbetrieb. Vermutlich.
Mick Rademacher ist frischgebackener Delta-T-Absolvent des obskuren Professors Pelz. Dieserart darf er sich als Mediator und "Diplom-Entschleuniger" bezeichnen. Noch nicht so recht wissend, wie der in Bullshit-Bingo-Manier inhaltsleere Formulierungen absondernde Coach Kunden gewinnen soll, fällt ihm vor einer Rotlichtbar ein Mann vor die Füße: Dr. Jo Hollenbach, seinerseits Autor des besten Romans aller Zeiten, aber pleite, drogensüchtig und ganzheitlich neben der Spur. Hollenbach wird Micks erster Klient, aber statt ihn zu coachen (und, vor allem, zu entschleunigen), muss die willensschwache Diplom-Quatschtüte den Schriftsteller nunmehr durch die Gegend kutschieren, bei Medikamenteneinkäufen begleiten und für ihn stellvertretend Telefonate mit Geldeintreibern, der Mutti oder der eigenen Ex-Freundin führen. Und auch die Honorarfrage ist längst nicht geklärt. Dann werden die beiden nach Albanien verschleppt. Dort kaserniert ein eloquenter Gangsterboss das Pärchen, wie auch schon viele andere Schriftsteller zuvor. Zwischen allgegenwärtigen Bunkern, stinkenden Ölfeldern und sonstigen Höhepunkten albanischer Tristesse soll Hollenbach nachlegen, also einen weiteren Erfolgsroman schreiben, um seine Schulden zu begleichen. Dabei war der erste nur zusammengeklauter Unsinn, quasi ein "Best Of" der erfolgreichen Gegenwartsliteratur, Versatzstück an Versatzstück.
Die Frage, ob auch Schmitts zweiter Roman auch nur intelligenter Unsinn ist, eine gelungene Satire oder gar eine undurchschaubare Parodie mit Gonzo-Elementen, kann ich nicht beantworten. Da sind wirklich lustige Abschnitte, etwa der Exkurs zum Thema "Richtig albanisch fluchen" oder Hollenbachs Auslassungen darüber, wie Literatur funktioniert und was Romane bitteschön zu leisten haben. Dann gibt es herrlich verpeilte, vollkommen überdrehte Situationen, wobei eigentlich neunzig Prozent der Handlung des Buches - vorsichtig geschätzt - kaum nachvollziehbar sind. Drogenverkäufe in der Bundesbank, sackweise Medikamente schluckende Mütter, als Männer "umgewidmete" Frauen namens Tirana, albanische Bandenkriege, kasernierte Schriftsteller, tiefergelegte Pferde, die nicht wiehern können, Mercedes-Flotten, Erfolgsromane und Seifenblasensprech-Coaches. Schmitt ergießt ein Füllhorn des gepflegten Blödsinns über den Leser, und es scheint ihm egal zu sein, was der damit anfängt. In meinem Fall wurde er ordentlich unterhalten, und das immerhin ist ja auch etwas wert.