Die Frau und der Affe.
Peter Hoeg, Roman, Rowohlt 1999

 

Der mäßige Titel läßt nichts Gutes erahnen, aber als jemand, der den Hype um "Fräulein Smillas Gespür für Schnee" nie verstanden hat, war ich auf alles gefaßt. Sprachlich bietet Hoeg eine etwas klinisch anmutende Mischung aus Kundera, Rosendorfer und Klaus Mann, grob gesagt. Erzählerisch fühlt man sich an den Anfang des vergangenen (zwanzigsten!) Jahrhhunderts versetzt, und die etwas muffige Atmosphäre, in der aktuelle Bezüge gleichsam verloren anmuten, wirkt träge und bemüht.

Die Dänin Marlene hat in die englische Aristokratie eingeheiratet, ihr Mann ist ein hohes "Tier" in der britischen Zoologie, designierter Chef des neuen Londoner Großzoos. Er kommt in den Besitz eines geschmuggelten Menschenaffen, den er im Gartenhaus des Besitzes zu erforschen versucht, während die Gattin, aus Spaß und Langeweile Alkoholikerin, heimlich eine Beziehung zu dem Tier anknüpft - zu dem Tier, das sich als so hochentwickelt erweist, daß es später im Buch kurzerhand dänisch und englisch akzentfrei sprechen lernt, mit der Protagonistin ausbüxt und in einem Wald dem Begriff "freie Liebe" eine ganz neue Ausprägung verleiht.

Irgendwie soll es in diesem Buch um Artenschutz, das Verhältnis zwischen Menschen und Tieren, den Tierbegriff im allgemeinen, Verständnis, Respekt, Politik, Macht und dergleichen gehen. Zu viel des Guten, wie sich unschwer erahnen läßt, und das auch noch zu schlecht erzählt; aufgesetzt, spröde, konstruiert, seltsam flach, bürstet Hoeg mit seiner Erzählweise sogar den wenigen Höhepunkten einen Scheitel. Dabei bleiben insbesondere die Wandlungen der Protagonstin auf der Strecke, die sich vom Alkoholismus löst, um fortan der Sodomie zu frönen, die sich von ihrem Gatten trennt, was schwer nachvollziehbar ist, da auch Gründe für die Heirat eigentlich nirgendwo zu finden sind.

Bleibt die Erkenntnis: Wer einmal Erfolg mit einem Buch hatte, darf davon lange zehren. Da hilft es auch nicht, im Rubrum dick zu unterstreichen, daß ein Teil der Verkaufserlöse irgendwelchen Naturschutzorganisationen zugute kommen soll: Die unerwartet geleistete Hilfe bekommt dadurch nur einen faden Beigeschmack, nämlich den, der sich beim Lesen eingestellt hat. Die nächsten sechzehnneunzig gehen doch lieber direkt an den WWF.


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