Der Blumenkrieg. Roman.
Tad Williams, Klett-Cotta 2004


Theo Vilmos ist dreißig, aber das ist auch fast alles, was er geschafft hat - dreißig werden. Seine Freundin Cat gibt ihm den Laufpaß, als es zur Fehlgeburt des gemeinsamen Kindes kommt, die Band, in der Theo singt, sieht sich nach einem anderen Frontmann um, und der Job als Lieferfahrer bietet nur eingeschränkte
Karrierechancen. Als die Mutter stirbt, verzieht sich Theo mit dem schmalen Erbe in eine Berghütte. Im Handgepäck liegt das Notizbuch des ebenfalls verstorbenen Großonkels Eamon Dowd, das Theo kürzlich geerbt hat. Es erzählt eine merkwürdige Geschichte von einem seltsamen Land - "Elfien". Natürlich dauert es nicht lange, und Theo befindet sich mittendrin, in Elfien, verfolgt von einem Zombie, der aus Leichenteilen zusammengesetzt zu sein scheint, und in Begleitung einer nörgelnden Minifee namens "Apfelgriebs". Und natürlich nehmen die Wunder kein Ende, vor allem aber zeigt sich eine große Ähnlichkeit zwischen dieser Elfen- und der Menschenwelt - und es gilt in Elfien als schick, sich die Flügel operativ entfernen zu lassen, um möglichst menschlich zu werden. Allerdings wird Elfien von adeligen Familien regiert, die die Namen von Blumen tragen und alle nichtadeligen Elfen und Elfenarten versklavt haben, ausbeuten und knechten. Damit nicht genug, ein Krieg scheint vor der Tür zu stehen, ein Krieg zwischen diesen Blumenfamilien, der titelgebende Blumenkrieg. Und irgendwie ist Theo, natürlich, eine Schlüsselfigur in der ganzen Angelegenheit.

In einem kurzen Vorwort entschuldigt sich Williams dafür, daß eine Schlüsselszene im Buch Ähnlichkeiten mit den Geschehnissen des 11. September 2001 hat, weist aber darauf hin, daß der Entwurf vorher entstanden ist. Im Klappentext jedoch wirbt der Verlag damit, daß das Buch indirekt unsere Gesellschaft und ihre "Brüchigkeit seit dem 11. September" beleuchtet. Das aber ist nicht das einzige Ärgernis an dieser zu langen, zuweilen sehr langweiligen Schwarte.

Vielleicht hat sich Williams tatsächlich Gesellschaftskritik auf die Fahnen geschrieben, und er hat das entweder zu direkt gemacht - eigentlich läßt sich seine Elfenwelt eins zu eins auf Teile der Menschenwelt übertragen, Rätsel oder Andeutungen sind kaum zu entschlüsseln - oder so indirekt, daß es nicht mehr zu erkennen ist.
Meine Vermutung geht dahin, daß diese Anteile im Nachhinein mit der grundsätzlich eher faden und nicht sonderlich neuen bzw. originellen Idee vermischt wurden, die dem Buch zugrundeliegt.

Jedenfalls ist die eigentliche Story vorhersehbar und wenig überraschend, das Setting enthält viele, viele Anleihen, Querverweise auf Mythologie und Literaturgeschichte, Märchen und Sagen. Spaß machen einige Einfälle und Nebenfiguren, aber insgesamt wirkt das - wie gesagt deutlich zu lang geratene - Buch irgendwie routiniert, belang- und bedeutungslos, meistenteils unspannend. Williams ergeht sich in langen Dialogen, die vieles erklären müssen, leider, und die häufig gestelzt und komisch wirken. Seine Figuren sind banal, oft nur angedeutet, und bieten bis auf zwei, drei Ausnahmen Klischees und Stereotypie. Hier ist offensichtlich eine Idee zum Buch gemacht worden, die es eigentlich nur bis zur Kurzgeschichte hätte schaffen dürfen.

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