Das wird ein bisschen wehtun. Roman.
Stefan Schwarz, rororo Juli 2013
Liebenswürdige Un-Geschichte
Max Krenke ist Mitte vierzig, Redakteur beim Landfunk, Ehemann der resoluten Erfolgsfrau Dorit sowie Papa von Mascha und Konrad. Letzterer betritt soeben die Volljährigkeit - und bringt eines Tages Naddi mit nach Hause, ein unaufhörlich plapperndes Piercingmonster, dem Max kein einziges Wörtchen glaubt. Die überschaubare und bislang heimelige häusliche Welt wird auf eine harte Probe gestellt.
Außerdem ist da noch Max' Vater, der mal ein hoher Funktionär in der DDR-Agrarindustrie war und pausenlos von alten Zeiten erzählt, während er körperlich verfällt, was er allerdings nicht wahrhaben will.
Abgerundet wird die Angelegenheit durch die reizvolle Kollegin Nergez, mit der Max, wie ein Reportagegast quasi en passant festgestellt hat, genetisch ideal harmoniert, so dass die beiden eigentlich unbedingt Kinder zeugen müssten. Deshalb kauft sich der Held ein Kondom, denn früher, als er noch jung war, führte das unweigerlich dazu, dass es keinen Sex gab. Dieses Kondom allerdings findet die Ehefrau Dorit. Zu allem Überfluss führt ein anonymer Täter rätselhafte Anschläge auf Max' Auto durch.Unterm Strich spielen Geschichte und Verwicklungen aber kaum ihre Rollen, zumal von einer Geschichte Schrägstrich Handlung im eigentlichen Sinn überhaupt nicht gesprochen werden kann. Insofern sei dem Autor auch verziehen, dass die Auflösungen auf eher tönernen Füßen stehen, um es vorsichtig auszudrücken, denn bei diesem kurzen, vergnüglichen und überaus liebenswerten Roman ist eindeutig und sprichwörtlich der Weg das Ziel. Stefan Schwarz legt seiner sympathisch-chaotischen Hauptfigur so wunderbare Sätze in den Mund und Gedanken in den Kopf, dass es eine wahre Freude ist, zudem skizziert der Autor sein überwiegend schrullig-originell-hinreißendes Personal präzise, anschaulich und mit erkennbarer Zuneigung zu seinen Figuren. "Das wird ein bisschen wehtun" ist eine clevere und humorige Liebeserklärung an die Familie, das Dasein, die Merkwürdigkeit der Welt und ihre Passagiere. Schwarz macht sich an keiner Stelle über irgendwen lustig (okay, die dicke Vroni kriegt durchaus ihr Fett weg), und dennoch muss man oft lachen oder schmunzeln - und fortwährend nicken. Der Autor führt den Beweis, dass Comedyliteratur kein simples Haudrauf sein muss, in dem Figuren zu reinen Pointenlieferanten werden, sondern dass man sich ihnen auch ... äh ... ernsthaft zuwenden kann, ohne auf Humor zu verzichten. Man könnte sogar sagen, dass Schwarz' Max Krenke ein klassischer Entwicklungsromanheld in bester Wilhelm-Meister-Tradition ist - nur eben sehr viel lustiger als beim ollen Goethe.