Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand. Roman.
Jonas Jonasson, carl's books 2011

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand

Origineller Titel + schräge Idee + sehr simple Sprache = Bestseller

An seinem hundertsten Geburtstag steigt Allan Karlsson aus dem Fenster seines Altenheimzimmers und verschwindet. Nun, er verschwindet nicht wirklich, sonst würde der Roman an dieser Stelle enden. Tatsächlich beginnt mit dem Fensterausstieg eine Odyssee durch Schweden, die letztlich auf Bali endet. Zwei Todesopfer gibt es auf diesem Weg, und man verrät nicht zu viel, wenn man erwähnt, dass Karlsson keiner von diesen Toten ist.
Eingebettet in eine mehr oder (aus meiner Sicht: überwiegend) weniger amüsante Rahmenhandlung wird die Vita der Hauptfigur erzählt, denn Karlsson hat in seinem bewegten Leben so gut wie jeden Diktator getroffen und mit fast allen Mächtigen zu tun gehabt - so gut wie immer zufällig, aber meistens mit enormer Wirkung. Karlsson war es, der die ausschlaggebende Idee für die Atombombe lieferte, und kurz darauf hat er das Geheimnis den Russen verraten. Und Karlsson hat letztlich auch den Fall der Sowjetunion verursacht. Er hat den Himalaya mehrfach überquert und in Teheran im Knast gesessen. Er hat Wladiwostok in Schutt und Asche gelegt. Und vieles mehr. Ja, ohne Karlsson wäre die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts anders verlaufen. Ganz anders.
Während der Lektüre dieses "Schelmenromans" war ich fortwährend auf der Suche nach der Metapher, nach dem Schlüssel, der Gemeinsamkeit. Wofür steht Allan Karlsson? Für die Beliebigkeit der Geschichte? Für die Dummheit der Mächtigen? Für den Karlsson in uns allen? Ist Karlsson ein Appell, ein Gleichnis, eine Abrechnung? Oder doch nur irgendeine lustige Geschichte, die mit der Geschichte spielt? Zu einer abschließenden Lösung bin ich nicht gekommen. Dafür ist das Ganze auch zu plakativ, zu direkt und zu linear. Und, mit Verlaub, zu belanglos erzählt.
Vor allem aber die Sprache des Romans war es, die mich gegen den Text eingenommen hat. Achtung! Lustig! schreien einem die simplen Sätze entgegen, die lakonisch sein sollen, vor Naivität überquellen und irgendwann schrecklich ermüden. Das gilt vor allem auch für die Rahmenhandlung, die nie wirklich spannend ist, dafür meistens vorhersehbar. Das Buch ist fraglos originell, aber das ist Schlagsahne auf einer Currywurst auch.

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