HimbeerToni. Roman.
Joachim Seidel, Piper 2010


HimbeerToni

Unerträglich

Wenn ich eine Top-10-Liste der Bücher zusammenzustellen hätte, die man leicht abfällig als "gut gemeint" kategorisieren muss, wäre dieses auf einem vorderen Platz. Fraglos stecken viel Ambitionen in dieser halbbiographischen Geschichte rund um ein paar Altpunker, die einfach nicht erwachsen werden wollen, aber "gut gemeint" und "gut gemacht" ist eben nicht immer dasselbe. Im vorliegenden Fall liegt zwischen beidem die größtmögliche denkbare Entfernung.

Anton "HimbeerToni" Hornig, der Ich-Erzähler dieser verteufelt schlecht geschriebenen und fürchterlich langweiligen Geschichte, wird mit seinen alten Bandmitgliedern den 25. Jahrestag der Auflösung von "Remo Smash" feiern, der Punkband, die mit "Toilet Love" sogar einen Hit hatte. Das gilt übrigens auch für die Vorlage, jene echte Band namens "Remo Voor", in der Seidel spielte - auch der Name des Songs ist derselbe. Aber das ist nicht das Hauptproblem dieses Buches.

Es will und will einfach nicht aus den Puschen kommen. Seidel lässt seine Hauptfigur schwatzen und ein bisschen reflektieren, aber die Perspektive packt nicht. Gleich am Anfang verkündet Tonis Freundin, dass sie schwanger wäre, dann trifft der Held auf den merkwürdigen "Blümchen", auch ein ehemaliges Bandmitglied, aber das geschieht alles so lahm und vor sich hin plätschernd, so gezwungen fröhlich und überfrachtet mit willkürlichen Remineszenzen, dass es schlicht nervt. Vor allem aber geschieht praktisch nichts, was ja auch noch okay wäre, wenn die Schreibe wenigstens stimmte. Ich habe nicht mitgezählt, aber auf engstem Raum häufen sich Wendungen wie "will ich wissen", als wäre ein schlichtes Fragezeichen nicht genug. Will sagen: "HimbeerToni" ist so unfassbar schlecht erzählt, dass man schon nach wenigen Seiten das Gefühl hat, sich seit Ewigkeiten durch diesen Roman, der keiner ist, zu quälen.

Es wird die alte Fangemeinde sein, die dem Buch zu positiver Resonanz und einem gewissen Erfolg verholfen hat; durch den Roman selbst ist beides jedenfalls nicht erklärbar. Mit Verlaub, Seidel kann einfach nicht erzählen. Die flockige Selbstironie der Bücher von Rocko Schamoni oder das Anarchische der Romane von Oliver Maria Schmitt sucht man hier absolut vergebens, und das bisschen Musikgeschichte, das spärlich gereicht wird, hilft auch nicht wirklich weiter. Außerdem konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass der Lektor schlicht die Segel gestrichen hat, nachdem ihm dieses Traktat von der Programmkonferenz aufgebürdet wurde. Wenn er das allerdings nicht getan hätte, wäre das Buch nur halb so lang - und auch nicht viel besser. Immerhin ist das Cover recht hübsch, aber das ist auch alles, was man an Gutem über "HimbeerToni" sagen kann.

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