Brennerova. Roman.
Wolf Haas, HOFFMANN UND CAMPE 2014


Brennerova

Mittelgut

Der letzte "Brenner"-Roman "Der Brenner und der liebe Gott" ist 2009 erschienen, aber eigentlich war das schon der "nachletzte", denn Haas hatte sich bereits in "Das ewige Leben" faktisch von der Figur verabschiedet. Warum sie nun wieder aufersteht, spielt genau genommen keine Rolle und ist allein Haas' Sache. Brenner lebt, zwar in Rente und bei Herta, aber er existiert. In anderen Rezensionen würden jetzt Stilzitate wie "aber interessant", "dings" und "Hilfsausdruck" erscheinen, doch ich spare mir das.

Also der Brenner - dessen Vorname "Simon" im Roman nur ein einziges Mal genannt wird, während er im vorigen unaufhörlich "Herr Simon" genannt wurde - lebt, mehr oder weniger zusammen mit Herta, die allerdings auf der Suche nach ihrem "Krafttier" ist und pausenlos an esoterischen Wanderungen teilnimmt. Eher aus Langeweile hat sich der Brenner durch ein paar Dating-Portale geklickt, schließlich ein Profil angelegt und Kontakt mit der wunderschönen Russin Nadeshda aufgenommen. Er reist sogar nach Nischni Nowgorod, was nicht ganz ohne Blessuren abläuft, und wird von Nadeshda beauftragt, nach der jüngeren Schwester Serafima zu suchen, die von einer vermeintlichen Modelagentur nach Wien geholt wurde und seitdem verschwunden ist. Naheliegend, dass es um Menschenhandel und Prostitution geht.

Und das tut es tatsächlich auch, jedenfalls teilweise, doch - natürlich - nicht ganz auf die Art, wie man es im Genre erwarten würde. Hauptfigur des Romans ist neben Brenner und Herta ein gewisser "Infra" (Inreiter, Franz), seines Zeichens Tätowierer - und am Ende, wenn man so will, Karrierist. Der Name deutet an, worin. Außerdem wird Herta in der Mongolei entführt.

Fraglos fehlen diesem achten Brenner-Roman Zauber, Schmäh und Lässigkeit seiner frühen Vorgänger, wobei einem Wunder gleichkäme, wenn es Wolf Haas in dieser Situation anders erginge als sämtlichen Autorenkollegen. Solche Figuren nutzen sich einfach ab, werden mit der Zeit ein bisschen langweilig und unoriginell. Dass "Brennerova" nicht abschmiert, liegt an der weisen Zurückhaltung, die Haas seinem Erzähler auferlegt hat, und an der Unbekümmertheit, mit der Brenner durch den Wiener Rotlichtsumpf patscht. Das Buch ist zwar nicht sehr spannend, aber gespickt mit klugen Beobachtungen, unkonventionellen Schlussfolgerungen und durchaus überraschenden Wendungen, während sich die Selbstzitate glücklicherweise in Grenzen halten. Im Abgang also mittelgut, Tendenz sogar noch ein Stückchen weiter nach oben.

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