Ich ein Tag sprechen hübsch.
David Sedaris, Diana Verlag bei Heyne, München 2002

(auch als Hörbuch)

Ja, eines Tages, so hofft der Amerikaner David, der seinem Lebensgefährten nach Frankreich gefolgt ist, wird er die Finessen der französischen Sprache beherrschen. Bis dahin muss er sich aber noch mit Stammelsätzen der obigen Art helfen und mit der unsympathischen Lehrerin herumschlagen. Doch das ist nur eins von den vielen Problemen, die ihn seit seiner Kindheit an begleiten. Me Talk Pretty One Day, so der Originaltitel, ist der zweite Band mit skurrilen Episoden aus Sedaris' Leben. (Der erste mit dem Titel "Nackt" erschien 1999) Locker und flüssig erzählt der Sohn griechischer Einwanderer von seinem Leben in North Carolina, New York, in der Normandie und Paris. Immer wieder deckt er mit scharfem Blick und noch schärferer Zunge die Absurditäten und Katastrophen eines ganz banalen Alltags auf. Da können groteske Situationen nicht ausbleiben. Als Kind wird David zum Beispiel zur Sprachtherapeutin geschickt, die ihm das Lispeln abgewöhnen soll. So zu sprechen, dass erst gar keine S-Laute in seinen Sätzen vorkommen, verlangt ihm einige Phantasie ab. Ein andermal will der Vater seine unmusikalischen Kinder zum neuen Dave-Brubeck-Quartett ausbilden. Davids Gitarrenlehrer gibt ihm den Rat, dem Instrument einen weiblichen Namen zu geben, um ein besseres Verhältnis dazu zu gewinnen. Nutzt nix, denn David ist schwul... Überhaupt, diese Familie. Der Vater so knauserig, dass er nur Gemüse nach Hause bringt, das man im Supermarkt weggeworfen hatte, und selbst im Badezimmerschrank gammelige Äppel hortet. Der Bruder, der gerne ein richtig wilder Rapper sein möchte und sich auch dementsprechend benimmt. Irgendwann haut David ab nach Frankreich, doch da erwarten ihn neue Schwierigkeiten. Dieser zweite Teil des Buches ist schon deswegen lesenswert, weil auch eine amerikanisch-französische Kulturkritik mitschwingt. Nach und nach gibt der Autor den USA-zentrierten Blick auf und lässt sich auf das Neue, Unbekannte ein. Verheddert er sich am Anfang noch sehr in die Fallstricke französischer Artikel und Satzkonstruktionen, entdeckt er nach und nach Dinge, die im "american way of life" abhanden gekommen sind wie etwa die kleinen Programmkinos in Paris. Und er beobachtet dort Touristen, seine Landsleute, erlebt mit, wie ihn ein amerikanisches Ehepaar in der Metro für einen französischen Taschendieb hält. Immer wieder ist es der ungewöhnliche Blick, verbunden mit der Leichtigkeit des Erzählens, der den Leser fesselt. Auch Abgründe gab es in Sedaris' Leben: Drogenexzesse, soziale Abstürze, Kontakte mit Außenseitern der Gesellschaft, und immer weiß über diese mit einer gewissen Portion Selbstironie und Sarkasmus hinwegzubalancieren. Es gelingt Sedaris, diesen Erzählstil konsequent durchzuhalten, ohne krampfhaft witzig zu werden.
Ein Teil ist übrigens von Harry Rowolth bearbeitet worden, einem der besten deutsch-englischen Übersetzer, der auch Frank McCourts "Asche meiner Mutter" kongenial übertragen hat.
Die Episo9den des Buches lesen sich locker weg und sind eine ideale Lektüre für Bus-und U-Bahn-Fahrten. Wer z.B. Wladimir Kaminer mag, wird auch Sedaris mögen.
Der Autor ist Jahrgang 1956 und wurde in den USA vor allem durch seine Radiokolumnen bekannt. Sie sind im selben Verlag unter dem Titel "Fuselfieber" erschienen.

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