Der nächtliche Skater. Erzählungen.
Tanja Schwarz, Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig, 2001.

Eine Frau sitzt alleine am Fenster ihrer neuen, nur spärlich mit Trödelmobiliar ausgestatteten Wohnung, während sie auf einem alten Kassetten-Anrufbeantworter, den ihr der Trödler geschenkt hat, den Stimmen der vormaligen Besitzerinnen, deren Liebesgesäusel, lauscht. Unten zieht ein Skater zu später Stunden einsame Runden auf dem Winterfeldplatz. (Berlins größter Marktplatz) Eine andere Frau klettert mit einem Freund aus Übermut auf dem Kran einer Baustelle herum. Sie können sich gerade noch vor einem tödlichen Sturz retten - genau in dem Moment, so lesen sie später, in dem Prinzessin Diana mit ihrem Liebhaber in Paris verunglückt. Ein Teenager, laut über alles lästernd mit der Mutter auf Shoppimg-Tour. Eine auf jung gestylte Touristin, die in der Hauptstadt mal eine Frau aufreißen will. Das sind die Protagonisten in Tanja Schwarz' erstem Erzählband. Großstadtmenschen, Außenseiter und normale, Verlorene und Aufmüpfige, die sich nicht so leicht mit mißlichen Situationen abfinden. Ausgangspunkt für die Autorin sind alltägliche Erlebnisse auf der Straße, in der Kneipe, im Kiez. Aus eher zufälligen Begegnungen und Beobachtungen, aber auch aus den Erzählungen anderer Leute, entwickelt sie ihre Geschichten. Was zunächst alltäglich, ja banal anfängt, spitzt sich oft zu ungewöhnlichen und skurrilen Situationen zu, entlädt sich mit anarchischer Wildheit.
Mich persönlich sprechen mehr die "leisen" Stories an, die von der subtilen Beobachtung des Menschlichen und Zwischenmenschlichen leben. Wie die Titelgeschichte oder die von der "Schwarzen Dohle", wo die Autorin die Landschaft Irlands und keltische Mythen mit der Trennung von der Lebensgefährtin verwebt.
Der Erzählstil ist schnörkellos, die Sprache lakonisch, ein unaufdringlicher, feiner Humor schwingt immer mit. Für Leser, die Stadtgeschichten mögen, die sich nicht so sehr mit der Stadt, sondern mit Menschen und Situationen beschäftigen, die mehr aufs Detail denn auf knallige Schlußpointen sehen und gewisse Anleihen an Popliteratur und Jugendkultur goutieren können.

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