FRIEDRICH HÖLDERLIN:
HYPERION
1797-1799 in zwei Bänden bei Cotta erschienen, ist der einzige Roman des bekanntlich bald darauf (vermutlich) geistig erkrankten literarischen Einzelgängers inzwischen zu den unhintergehbaren Standardwerken der Briefromane avanciert.
Aus der Rückschau korrespondiert der Titelheld mit einem gewissen "Bellarmin" über Ereignisse in Griechenland zur Zeit der Griechisch-Türkischen Kriege, um auf diesem Hintergrund sowohl eine idealistische Konzeption der Weltverbesserung durch eine ästhetische Erziehung des Menschen (vgl. Schiller), als auch die Möglichkeit gewalttätiger Umwälzung der Verhältnisse (unter dem frischen Eindruck der frz. Revolution) durchzuspielen. Die klassische, im Gefolge Winckelmanns derzeit aktuelle Griechenland- und Antikeeuphorie wird z.T. ironisch gebrochen und als rückwärtsgewandte Sehnsucht nach einem verlorenen Ideal karikiert. Zahlreiche, bereits mit der aufgearbeiteten Kindheit Hyperions geschilderte Verwicklungen führen das "Geschehen" zu einem zentralen Konflikt zwischen den an den Kontrastfiguren Diotima und Alabander festgemachten Idealen: Hingabe an die Geliebte und Rückzug in das private Glück des Idylls versus militanter Einsatz für eine bessere Welt im Bund mit dem besten Freund.
Der Konflikt führt zur Auslöschung der Kontrastfiguren, so daß schließlich der desillusionierte Hyperion allein überlebt und sein Credo eines (platonischen) Philosophenstaates nur noch resignativ gebrochen zu Papier bringen kann. Die Frage nach dem richtigen, gelingenden Leben endet in einem emotionalen und rationalen Desaster. Die Aporien einer auf Weltbewältigung hin angelegten Existenz werden schonungslos offengelegt und lassen den Leser ernüchtert zurück.
Das Buch lohnt sich auch heute noch zu lesen, weil in ihm die immer aktuelle Frage nach der Selbstverwirklichung im Spannungsverhältnis von Ideal und Wirklichkeit nach allen Seiten hin durchgespielt und reflektiert wird. Daß die Reflexion in jeder Hinsicht gründlich und erschöpfend ist, verleiht der bereits zu Anfang vorausgesetzten Ausweglosigkeit ein um so größeres Gewicht, das allerdings den Leser nicht festlegt, sondern ihn zu eigener Reflexion herausfordert.
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