Das Wochenende. Roman.
Bernhard Schlink, Diogenes, März 2008

Wochenende


Ein Terrorist wird begnadigt, vier Morde hat er auf dem Gewissen und zwanzig Jahre Knast liegen hinter ihm.

Seine ältere Schwester, die ihn nach dem Tod der Mutter aufgezogen hatte, organisiert ein Treffen mit alten Freunden in einem abgelegenem Haus auf dem Lande. Das erste Wochenende in Freiheit. Die Gäste sind alte Kameraden, früher ebenfalls links und auch sie hatten die Revolution geliebt. Jetzt sind sie geachtete Stützen der Gesellschaft. Das Schicksal straft junge Revolutionäre, in dem sie im ALter auf den Opernball gehen müssen, wusste Österreichs Kanzler Kreisky dazu zu sagen.

Im Laufe des Wochenende brechen alte Wunden wieder auf, wird manches entdeckt, was bisher verborgen war. Dass zum Beispiel nicht der beste Freund den Terroristen an die Polizei verraten hat, sondern ...

Dass der junge Mann, der den Terroristen so oft besucht hat, ihm Briefe schrieb, seine ganz eigenen Pläne mit ihm hat und auch nicht mehr Hemmungen als die RAF oder die Sensationspresse.

Auch warum der Terrorist begnadigt wurde, auch dieses peinliche Geheimnis, das zwischen dem begnadigenden Bundespräsidenten und dem begnadigten Terroristen ein Geheimnis bleiben sollte, wird bald bundesweit bekannt werden.

Ein spannender Plot und vor allem der Schluss ist Schlink gut gelungen. Dennoch liest sich das Buch manchmal wie ein schlechter Kolportage Roman.

Denn die Personen, die da zusammensitzen, sind nicht lebendig, sondern bleiben Typen, am Reißbrett konstruiert, ihre Gespräche dienen nur dazu, die eine oder andere Meinung zum Problem "Terroristen" und "Begnadigung" zu illustrieren. Bei einem Sachbuch wäre das akzeptabel, für einen Roman ist so etwas tödlich. Und dass der Autor obendrein die allwissende, auktoriale Perspektive wählt, oft von Absatz zu Absatz in einen anderen Kopf und dessen Gedanken schlüpft, macht es nicht besser.

Zwar ist nichts gegen den allwissenden Autor zu sagen, diese Perspektive kann spannend sein. Wenn, ja wenn, der Autor lebendige Personen hat und es wirklich bei jedem Sprung schafft, in die neue Figur zu schlüpfen. Genau das gelingt hier aber nicht. Egal, wessen Gedanken wir verfolgen, sie klingen alle gleich, sie sind alle Gedanken des Autors, nicht die seiner Figuren.

So wird das ganze Vorspiel, das notwendigerweise im Gespräch und ruhiger Runde stattfindet, langweilig. Stephen King hat in vielen Büchern gezeigt, dass man durchaus lange Passagen schreiben kann, in denen sich nichts oder wenig tut. Aber dazu gehören eben faszinierende, lebendige Personen und dass aufblitzt, was zwischen den Zeilen steht, was nicht gesagt wird.

In diesem Buch blitzt nichts auf. In diesem Buch steht nichts zwischen den Zeilen. Da wird alles gesagt, direkt und nichts wird gezeigt, sondern alles behauptet.

So schwankt der Roman zwischen den Extremen. Ein guter Plot, ein spannender Schluss, der aber in einem langweiligen Vorspiel mit hölzernene FIguren untergeht.


Leseprobe

Über den Autor

Das Wochenende, Roman, Bernhard Schlink, Diogenes, März 2008
ISBN-13: 978-3257066333, Tb, 225 Seiten, Euro 18,90

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