Verführung mit Worten. Schreibratgeber.
Karen Christine Angermayer, Kösel, März 2011

Verführung mit Worten

Mark war wieder nicht zufrieden.
»Mach es sexy!«, sagte er, gab mir die Seiten zurück und blies den Rauch seiner Zigarette durch die Nasenlöcher.
Was um Himmels willen meinte er?
Ich hatte ihm vor wenigen Minuten den dritten Entwurf eines Exposés für ein TV-Movie auf den Tisch gelegt – oder zumindest das, was ich für ein Exposé hielt. Ich arbeitete als Producerassistentin in einer Filmproduktion und er war mein Chef.
»Mach es sexy! Dieses Paper verkauft den ganzen Film.«
Sexy. Verkaufen. Diese Wörter hatte ich noch nie gehört. Zumindest nicht in diesem Zusammenhang. Ich war 23, kam gerade frisch von der Fachhochschule, mein Diplom in Photoingenieurwesen noch druckfrisch in der Tasche, und was nützte es mir in diesem Moment? Nichts. Absolut nichts.
Ich gebe zu, ich hatte mich in den viereinhalb Jahren davor in einigem Abstand zur Welt der Buchstaben bewegt

Schreiben ist Verführung des Lesers mit Worten, schreibt Karen Angermayer und zeigt uns verschiedene Quickies und Übungen, wie man auf diesem Gebiet lockerer wird, verführerischer und spannender. Schreiben ist eben eine Sache der Identität. Nämlich der des Autors, der seine Leser verführen will, seine Texte zu lesen.
Man kann es überall tun, jederzeit und auf unterschiedlichste Weise - aber immer muss man den anderen, den Leser im Auge behalten, sonst ist es Selbstbefriedigung.

Von der Kontaktanzeige für den Protagonisten über die Cluster bis hin zur Vision, was man sagen will bietet das BUch eine Menge Anregungen. Manchmal ein bißchen sehr esoterisch verpackt, aber das macht nichts. Man muss das nicht glauben, die Übungen wirken unabhängig davon, was man von den Erklärungen hält. Ein Schreibratgeber, der einmal nicht die Schreibregeln betont, sondern die Phantasie. Nicht für den inneren Zensor gedacht, sondern für das innere Kind, um es von den Fesseln zu befreien. Von dem Zwang, "wie man schreiben sollte", "was man schreiben sollte" hin zu dem, was uns die Intuition sagt. So ist das Training der Intuition auch ein wichtiges Ziel des Buches.

Intuition ist nämlich wichtig beim Schreiben. Zu ahnen, was den Leser antörnt, wie man ihn mit Worten verführt.

Überaus witzig und gut geschrieben verführt es eben zum Schreiben. Jetzt. Hier. Sofort.

Empfehlenswert. Oder sollte ich sagen: Verführenswert?

Leseprobe
Homepage des Autors

Das Buch bei Amazon

Weitere Rezensionen von Hans Peter Röntgen

zurück

Für diese Rezensione bei Literatur fast pur gilt:© by Hans Peter Röntgen - WebSite Alle Rechte vorbehalten - All rights reserved