Wie man einen verdammt guten Kriminalroman schreibt. Ratgeber.
James P. Frey, Emons, Februar 2005


Schreibratgeber mit gutem Rat und blühendem Blödsinn

Frey ist unter den Schreibratgebern das, was Reich-Ranicki unter den Literaturkritikern. Die einen lieben, die anderen hassen ihn. Die einen befolgen auch noch das kleinste Komma seiner Ratschläge in der Hoffnung, es werde sie zur Veröffentlichung führen. Einige wenige schaffen das sogar.

Die anderen nervt sein Dogmatismus, sein Showtalent - auch darin gleicht er MRR - und dass er die absurdesten Tatsachen zum Dogma erhebt. Sozusagen die unbefleckte Empfängnis beim Schreiben. Benedikt der XVI könnte neidisch werden.

Jetzt hat Frey einen neuen Band vorgelegt: "Wie man einen verdammt guten Kriminalroman schreibt". Wie üblich beginnt das Buch mit einigen Showeinlagen. Schließlich kann man damit verdammt viel Aufmerksamkeit erreichen.

Frey weiß genau, warum Menschen Krimis lesen. Weil sie eine Moral haben. Und deshalb muss der Mörder abgrundtief böse sein und der Held der Gipfel der Selbstlosigkeit. Auf keinen Fall darf der Leser Verständnis oder Mitleid mit dem Mörder empfinden.

Puritaner wird das freuen. Die Welt als moralische Anstalt. Dass schon lange jede Menge Krimis gibt - auch und grade erfolgreiche -, die es anders machen, kümmert Frey nicht. Die Welt ist leider nicht so, wie Puritaner sie gerne hätten und Romane sind es schon gar nicht. Elizabeth George schildert in "Wort für Wort", wie sie einen Roman schreiben wollte, "über den Tod eines wirklich guten Menschen, der von einem wirklich guten Menschen ermordet wurde". Dass die George mangels Leser am Hungertuch nagt, wäre mir neu.

Es gibt Leute, die ohne Plot losschreiben? Ach was, auch dafür hat Frey eine Erklärung. Die tun bloß so, um sich wichtig zu machen. Stephen King, Juli Zeh, Toni Hillerman und all die anderen sind eben Mitglieder einer geheimen Loge, einer Verschwörung. Immerhin eines neues farbiges Mitglied in der Riege der Verschwörungstheorien...

Wer nicht auf Dogmen steht, wird das Buch bald wieder aus der Hand legen. Die anderen hängen gläubig an den Lippen - pardon, der Tastatur - des Meisters.

Das ist schade. Denn nach der üblichen Schaumschlägerei am Anfang kommt er dann doch zur Sache, sprich zum Handwerk. Und davon versteht er einiges, auch wenn man es zunächst nicht vermuten würde. Was er zu Figuren und Figurenentwicklung sagt, hat Hand und Fuß und ich wünschte mir, so mancher Krimi-Autor (und so mancher Literat) würde das lesen. Vielleicht gäbe es dann ein paar Holzpuppen weniger, dafür aber mehr lebendige Menschen in Literatur und Krimi.

Nach der Figurenentwicklung widmet er sich der Struktur und dem Plot. Auch hier erst mal wieder die obligate Verschwörung der Autoren, die nicht arbeiten, wie es Frey gerne hätte und dann kommt er zum wesentlichen. Seine Stufendiagramme helfen weiter und sein Tipp, nicht nur aufschreiben, was im Text passiert, sondern auch das, was dahinter sich im Off tut, ist sicher nicht falsch. Interessant, dass er sich wie viele amerikanische Schreibratgeber an der europäischen Klassik orientiert und Romane in fünf Akte einteilt.

Der Rest ist ziemlich kurz, ein paar Ratschläge, die man überall zu hören bekommen, aber, wie bei Frey üblich, flott und locker formuliert.

Fazit: Wenn man Freys Dogmen und die seines Mythengurus Vogler nicht zu ernst nimmt, ein durchaus brauchbares Buch. An Steins "Über das Schreiben" oder Georges "Wort für Wort" kommt es aber nicht heran.

Leseprobe: keine Leseprobe
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Über den Autor: Seit über zehn Jahren gibt Frey Schreibkurse im Workshop der Squaw Valley Community und anderswo. Er ist außerdem der Verfasser zahlreicher Schreibratgeber.

Wie man einen verdammt guten Kriminalroman schreibt, James P. Frey, Emons, Februar 2005
Originaltitel: How to write a damn good mystery, aus dem Amerikanischen von Ellen Schlootz.
ISBN 3-89705-368-3, gebunden, 272 Seiten, Euro 16,80

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