Totenbraut. Historischer Jugendroman.
Nina Blazon, Ravensburger, September 2009
»Der Fremde klopfte mitten in der Nacht an unsere Tür. Ich fuhr aus dem Schlaf hoch und lauschte, während mein Herzschlag gegen meine Kehle hämmerte. Lazar Kosac!, schoss es mir durch den Kopf. Im Halbdunkel der Kammer konnte ich erkennen, dass Bela ebenfalls aufrecht im Bett saß. Draußen tobte eines der vielen Frühjahrsgewitter."Tote Frau", murmelte meine Schwester. "Mohn und Taubenfedern."
"Schlaf weiter, Bela", flüsterte ich und schlüpfte aus dem Bett. Vater war bereits aufgestanden, ich hörte seinen schleppenden, unregelmäßigen Gang. Eine Tür knarrte. Dann, leise wie Mäusegetrappel, die schnellen Schritte meiner kleinen Schwestern. Als ich die Stiege hinunterkletterte, sah ich ihre Gesichter im Türschatten. Majda, die jüngste, blinzelte noch mit Schlafaugen und hatte ihre Finger um den Zipfel ihres Hemdes geschlossen, als könnte sie ihren letzten Traum festhalten. Hinter Majda stand meine älteste Schwester, Jelka. Sie hatte bereits die Axt in der Hand, die sie zu gebrauchen wusste wie kaum jemand hier oben oder unten im Taldorf.«
Nicht vor dem sechzehnten Jahr sollte Jasna verheiratet werden, dass hat Vater der Mutter am Totenbett geschworen. Doch dann kommt Herr Jovan, der eine Braut für seinen Sohn sucht und der Vater verkauft Jasna. Weit weg ist das neue Heim, in das sie ziehen soll, weit weg von der kroatischen Heimat, noch hinter Belgrad. Im Land, das vor kurzem noch Türkenland war. Jetzt herrschen dort die Österreicher.
Vor allem herrscht dort Aberglaube. Vukodlak, der Vampir, Hexen, die blutsaugende Mora; Gestalten, gegen die Dracula geradezu heimelig und harmlos erscheint. Und das Dorf glaubt, dass Herr Jovan ein solcher Vukodlak sei. Der Sohn, der Jasna nicht heiraten will, aber ebenfalls keine Wahl hat, steht auch auf der Liste der Verdächtigen. Und als dann im Dorf seltsame Todesfälle auftreten, als Schafe gerissen werden, die Pferde des Guts blutige Male am Hals tragen, explodiert die Stimmung. Ein Pope soll die Vampire aufspüren und ihrem Treiben ein Ende machen.
Und dann ist da der Holzfäller, einer der fahrenden Leute, der Jasna verfolgt, den sie hasst und der doch eine seltsame Faszination auf sie ausübt.
Nina Blazon hat aus historischen Vorfällen und Aberglaube rund um Vampire eine Hexen- und Vampirgeschichte der ganz eigenen Art gewebt. Historisch genau, mit überraschenden Details und spannend bis zur letzten Seite entstand ein stellenweise gruseliges, aber auch Mut machendes Buch, das Abenteuer und historisches Wissen auf ganz eigene Weise kombiniert.
Wer sich also nicht nur für Bisse am Morgengrauen interessiert, sondern auch dafür, woher dieser ursprünglich stammen und dass es weit mehr als Knoblauch braucht, um sie zu bannen, der wird hier fündig. Wussten sie, wie man ein Messer im Grab befestigt, um zu verhindern, dass der Tote als Vampir wieder aufersteht? Oder was eine Totenbraut ist und warum diese wichtig wird?
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