Der weiße Tiger. Roman.
Aravind Adiga, C.H. Beck, Juli 2008



»Ich musste 18 sein. Wir alle im Tee Haus mussten 18 sein, im wahlberechtigten Alter. Es stand nämlich eine Wahl an, und der Inhaber hatte uns bereits verkauft. Er hatte unsere Fingerabdrücke verkauft - die Fingerabdrücke mit Tinte, die Analphabeten bei uns auf den Wahlzettel machen, um die Stimme abzugeben. Das hatte ich einen Gast abgelauscht. Es versprach eine enge Wahl zu werden; da hatte er für jeden von uns bei der Partei des großen Sozialisten einen guten Preis ausgehandelt. «

Balram ist Unternehmer in Banglore, Indiens Silicon Valley. Er ist halb gar, er hat wie viele andere Kinder nur wenige Jahre Schule genossen. Danach musste er in Teehaus arbeiten. In der Finsternis, im ländlichen Indien ist das so. Dort herrschen die Grundbesitzer, die anderen gehorchen. In der Familie Balrams ist das nicht anderes. Seine Großmutter beherrscht den Clan mit harter Hand, was er im Teehaus verdient, muss er ihr abliefern.
Doch er hat Glück. Er wird Fahrer und begleitet den Grundherrn nach Delhi. Dort müssen Politiker geschmiert werden. Die Aufgabe übernimmt Ashok, Balrams Arbeitgeber. Auch er gehorcht seiner Familie. Dem Storch, dem Mungo und den anderen aus dem Grundbesitzerclan, die über das Dorf herrschen.

Herren und Sklaven, die den großen indischen Hühnerkäfig in Gang halten.

Balram hört im Radio, dass der chinesische Ministerpräsident nach Bangalore kommt. Um sich über indische Unternehmer zu informieren. Balram weiß, wie man in Indien Unternehmer wird. Nicht so, wie es in den Broschüren steht. Herr Ministerpräsident, vergessen Sie diese Broschüren, die man ihnen in die Hand drücken wird, schreibt er . Ich erzähle Ihnen wie es wirklich ist. Sieben Briefe verfasst er in sieben Nächten, in denen er in seinem kleinen heißen Büros sitzt und arbeitet. Das Leben der Diener und der Herren schildert Balram. Und wie er ihm entkam, in dem er ausbrach. Aus Familie und Hühnerkäfig, aus Treue und Religion und mit einem Mord. Balrams Geschichte ist keine schöne Geschichte, aber Balram kann sie mitreißend erzählen. Korruption und Versprechen, große Worte und was sie wirklich bedeuten, das ganze moderne Indien breitet er vor dem Chinesen und uns Lesern aus.

Ein ganz anderer Blick auf die größte „Demokratie“, auf Spiritualität und das, was Westler sich gerne unter Indien vorstellen.

Ein Buch über Indien, wie es nicht im Reiseführer steht, die mitreißende Geschichte eines großen Schlitzohrs, traurig, witzig und bedrückend und vor allem einmalig in Ton und Geschichte. Das Buch kam zu Recht auf die Liste für den englischen Booker Preis.


Leseprobe
Interview mit dem Autor

Der weiße Tiger, Aravind Adiga, Roman, C.H. Beck, Juli 2008
Originaltitel: The White Tiger, aus dem Englischen von Ingo Herzke
ISBN-13: 978-3406576911, gebunden, 318 Seiten, Euro 19,90

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