Die Spur des Seketi. Fantasy.
Gesa Helm, Klett-Cotta 2004




Nachsitzen in Geschichte

Xoadisha Nabasxo ist Historikerin in einer modernen Gesellschaft, doch nicht auf der Erde, sondern in Banahe. Immer wieder flackern dort im Nordwesten Unruhen auf, denn früher waren diese unabhängig und ein eigenes Königreich Banahicha.

Und plötzlich hört sie Gespräche, später träumt sie und dabei tauchen immer wieder vier Geschwister auf, die vor vielen Jahrhunderten gelebt hatten, als Banahicha im Nordwesten ein selbstständiges Königreich war. Auf die vier Geschwister stößt sie auch in historischen Schriften. Sind ihre Träume reale Szenen, die diese Vier erlebt haben? Sie weiß es nicht.

Aber beschließt ihre Träume und die Gesprächsfetzen aufzuschreiben. Die Hausmagd Maijsa und ihre beiden Brüder und ihre Schwester haben es ihr angetan. Und der junge Kajec, der auf Brust und Schulter die Zeichen des Seketi trägt - jenes Raubtieres, das Wälder und Steppen unsicher macht und gefürchtet wird.

Dazwischen hören wir immer wieder die Historikerin, die uns alles über die Geschichte von Banahicha und der anderen Königreiche erzählt und immer wieder in die Jetztzeit nach Banahe abschweift.

Tolkien hatte für seine Mittelerde eigene Sprachen, eine eigene Geschichte entworfen. Wer will, kann das heute als Buch kaufen und lesen. Aber er hat dieses Wissen nur da in seine Romane aufgenommen, wo es nötig war, um die Geschichte zu verstehen.

Nabasxo (und mit ihr ihre Erfinderin Gesa Helm) kennt diese Rücksicht nicht. Auf den ersten hundert Seiten erschlägt sie den Leser mit einer Fülle von Details, Namen und Verbindungen. Ständig muss man hinten im Lexikon nachschlagen, wer das ist, der jetzt völlig unvermutet auftaucht. Einen Grund gibt es dafür meist nicht, außer, dass Nabasxo ihre Gelehrtheit und Helm ihren ausgefeilten Hintergrund beweisen wollen. Etwas ¾ des Buches bestehen aus endlosen Geschichtsvorlesungen, in langwierigen und langweiligen Tonfall einer pedantischen Historikerin vorgetragen, die offenbar meint, dass sie zu Halbidioten redet und deshalb alles endlos wiederkauen müsse.

Die Szenen, die tatsächlich in Banahicha und Umgebung spielen, in der die Stimme der drögen Geschichtslehrerin verstummt und der Roman Leben gewinnt, sind leider viel zu kurz. Und sobald Spannung aufkommt, endet die Szene auch schon und die Geschichtspaukerin übernimmt wieder das Ruder.

Eine Autorin sollte den gesamten Hintergrund ihrer Welt kennen, richtig. Aber muss sie auch ihre Leser damit langweilen, noch dazu diesen Hintergrund von einer staubtrockenen, langweiligen Historikerinnenstimme vortragen lassen? Tolkien wusste, warum er seine Romane und seinen Hintergrund trennte. Gesa Helm hätte gut daran getan, sein Vorbild zu beherzigen. Denn so wurde nur ein unendlich dröger Schinken daraus, eine langweilige Kolportage, die zu lesen eine Strafe ist, die man bestenfalls seinen schlimmsten Feinden wünschen würde.

Das Ganze liest sich so, als hätte der Verlag einfach mal in die große Kiste mit den unverlangten Manuskripten gegriffen, zufällig eins rausgeholt und ohne Lektorat und Überarbeitung veröffentlich. Schade.

Über die Autorin: Gesa Helm ist Grafik-Designerin und Chemikerin und wohnt mit ihrer Familie in Süddeutschland in einem alten umgebauten Bahnhof. Nach "Der Spiegel von Kajx" ist "Die Spur des Seketi" ihr zweiter Fantasyroman.

Die Spur des Seketi , Gesa Helm, Fantasy, Klett-Cotta, 2004
ISBN 3-608-93465-0, gebunden, 687 Seiten, Euro EUR 25,00

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