Spinnerkind. Roman.
Heiko Wolz, Addita Verlag, Februar 2007


"Im Oktober besorgte Dad die Kanone. Ich hatte nach dem Vorfall mit dem Hummer fünf Tage im Krankenhaus gelegen, und Dad hätte mich am liebsten schon nach meiner Entlassung in die Todeskugel gesteckt, aber der Reporter der Times hatte ihn auf Anfang November vertröstet."

Vierzehn ist Jakob, der Sohn des Guiness McGhee, der ständig Weltrekordversuche unternimmt und der Anwältin Rachel, die mit wachsender Begeisterung alles und jeden verklagt. Dass in dem kleinen Vorort von Boston, in dem sie wohnen, Antilopen frei herumlaufen und ein Elefant sein Unwesen treibt, ist auf eine ihrer Aktionen zurückzuführen.

Auch sonst bietet ihm das Leben so manche Überraschung. Dass ihm sein Vater, der begnadete Prothesenfußballspieler, mit einem Schuss zwei Rippen bricht, zum Beispiel. Da darf man nicht zimperlich sein. Aber seinen eigenen Weg zu finden, wenn der Vater ihn übers Haus schießt, ist nun mal nicht einfach. Nur gut, dass dann doch noch der Elefant vorbeikommt ...

Ein wundervoll skurriles Buch, absurd und dennoch ernsthaft, vor allem aber: Fesselnd bis zur letzten Seite, so stellt es sich dem Leser vor. Wolz bietet dem Leser auf einer Seite mehr Einfälle als manch andere Autor in einem ganzen Buch, aber seine Einfälle sind nie albern, seine Witze nicht platt, schenkelklopfenden Bruhaha-Humor sucht man vergeblich. Dafür leben seine Figuren und bei allem absurden Witz kommen sie dem Leser doch bekannt vor.

Mit John Irving vergleicht ihn der Verlag. Solche Vergleiche wecken Misstrauen, weil jeder weiß, dass Verlage damit fragwürdige Bücher zu pushen versuchen, etwa der Eichborn Verlag das ebenso langweilige wie furchtbare "Die Lewins".

Auch in diesem Fall ist das sicher hochgegriffen, vor allem aber daneben, weil Wolz durchaus anders - und auch kürzer! - schreibt, aber gemeinsam ist ihm mit dem berühmten Vorbild seine Leidenschaft, die alltäglichen Katastrophen, die Irrwitze der Mitmenschen nicht durch Metaphern darzustellen, sondern sie im wahrsten Sinne des Wortes Realität werden zu lassen.

Der junge Addita Verlag stellt mit diesem Buch jedenfalls wirkungsvoll seinen Anspruch dar, frischen Wind in die deutsche Buchszene zu bringen. Man kann "Spinnerkind" nur wünschen, dass es möglichst viele wahrnehmen mögen, denn es lohnt. Wer sagt da noch, deutsche Autoren hätten keine Phantasie? Wolz lehrt sie des Gegenteil.

Homepage des Autors

Spinnerkind, Heiko Wolz, Roman, Addita Verlag, Februar 2007
ISBN 13: 978-3-939481-01-0, TB, 170 Seiten, Euro 8,90

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